Die Nachricht, dass der Likud, aktuell stärkste Kraft im israelischen Parlament, künftig Beobachterstatus bei der ultrarechten Sammlungsbewegung »Patrioten für Europa« (PfE) hat, hat nicht nur in Brüssel für Aufregung gesorgt. Denn bislang hat die vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu geführte Partei eigentlich eine Kooperationsvereinbarung mit der rechtskonservativen EKR, bei der auch die italienischen »Fratelli d’Italia« von Giorgia Meloni mitmischen.
Die »Patrioten« wurden erst nach der Europawahl im vergangenen Juni gegründet, auf Betreiben des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (Fidesz), des Holländers Geert Wilders (PVV) und von Marine Le Pen, der Chefin des französischen Rassemblement National (RN). Vorsitzender der PfE ist der Spanier Santiago Abascal (Vox). Mit 84 Abgeordneten stellt die PfE die drittstärkste Fraktion im Europäischen Parlament. Insgesamt 15 rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien gehören ihr an. Auch die FPÖ von Herbert Kickl ist Mitglied. Hingegen wurde die deutsche AfD nicht aufgenommen.
Am vergangenen Wochenende tagten die Patrioten in Madrid. Das Motto des Kongresses lautete, in Anlehnung an Donald Trump, »Make Europe Great Again«. Stolz verkündete Kickl im Anschluss an die Tagung auf Facebook die »sehr erfreulichen Meldungen«, dass der Likud »nun offiziell, mit einstimmigem Beschluss und sofortiger Wirkung« als Beobachter »in unserer EU-Fraktion« aufgenommen worden sei.
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Der Likud, erklärte Kickl weiter, sei »die größte rechtsstehende Partei in Israel«. Ihre Aufnahme bei den Patrioten ist für den FPÖ-Vorsitzenden, der das Amt des österreichischen Bundeskanzlers anstrebt, nun der Beweis dafür, dass »das Märchen der ›internationalen Isolation‹ zusammenbricht«, auch wenn ihm natürlich bewusst sei, »dass diese Zusammenarbeit so einigen nicht in den Kram passt.«
Während sich die meisten Mitglieder der »Patrioten für Europa« betont israelfreundlich geben, war die FPÖ bislang eher die Ausnahme. Die Freiheitliche Partei, die nach dem Zweiten Weltkrieg von ehemaligen Nationalsozialisten gegründet wurde und die unter Kickls Führung noch weiter nach rechts gerückt ist, wird bislang von israelischen Politikern weitgehend boykottiert – auch wenn es in der Vergangenheit immer wieder einzelne Annäherungsversuche gab. Jetzt scheint die Brandmauer brüchig zu werden.
Kickls Jubelsturm über die Annäherung des Likud an die PfE kommt auch deshalb etwas überraschend, weil der frühere österreichische Innenminister nicht unbedingt als Freund Israels gilt. Stattdessen plädieren er und seine FPÖ für eine neutrale Haltung Österreichs in zentralen internationalen Konflikten wie dem Ukraine-Krieg und auch dem Nahostkonflikt.
Bei den laufenden Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP zur Bildung einer neuen Bundesregierung lehnte die Partei ausweislich eines jetzt bekanntgewordenen Verhandlungsprotokolls auch einen von der ÖVP geforderten Passus ab, der davon spricht, dass Österreich eine »besondere historische Verantwortung« für Israel hat und die künftige Bundesregierung darauf verpflichten will, Resolutionen in internationalen Organisationen, die diesem Bekenntnis zuwiderlaufen, nicht zu unterstützen. Dem Bau eines neuen Holocaust-Museums in Österreich stehen die Freiheitlichen demnach ebenfalls ablehnend gegenüber.
Dass der Likud sich nun ausgerechnet an den rechten Rand des europäischen Parteienspektrums andient, sorgt auch in Brüssel für Stirnrunzeln. Es dürfte Netanjahu und seine Regierung zusätzliche Sympathien bei den europäischen Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen kosten. Denn die Mitgliedsparteien der »Patrioten« haben bei ihrem Kongress in Madrid vor allem mit beißender Kritik an der EU und ihren Institutionen von sich reden gemacht.
Doch Netanjahu wird es verschmerzen können. Schon jetzt ist er nicht gerade beliebt bei den meisten EU-Politikern. Und ihn verbindet eine langjährige Freundschaft mit Viktor Orbán, dem bislang einzigen Regierungschef, den die »Patrioten für Europa« stellen. Bald könnte mit Herbert Kickl ein zweiter hinzukommen. Ob der Likud auch dafür seinen Segen gibt und seine bisherige Politik ändert, ist noch unklar.