Auf einer Landzunge vor der Bucht von Haifa liegt Akko. Dort, wo die Spuren von Persern, Römern, Kreuzrittern und Türken zu Israels orientalischstem Flair verschmelzen, serviert heute Uri Buri seine köstlichen Speisen. Sein gleichnamiges Fischrestaurant ist leicht zu finden – türkisfarbene Rundbögen, schlichtes Design und große Fenster mit Blick aufs Mittelmeer. Israelische Stammgäste, Tagesausflügler und Geschäftsleute nehmen oft weite Wege auf sich, um hier zu essen. In Israel ist das »Uri Buri« längst eine Institution. Für viele gilt Uri Buri als bester Fischkoch des Landes.
In dem Lokal mit den hell getünchten Wänden, aus denen das Mauerwerk hervorlugt, bekocht der Küchenchef seit mittlerweile 26 Jahren seine Gäste. Das ist in der schnelllebigen israelischen Restaurantszene schon eine kleine Ewigkeit. Der Grund: Uri Buris Philosophie, die er selbst beschreibt als »Alltagsküche mit Pfiff«.
Meeresfrüchte Der gemütliche Mann mit dem Prophetenbart heißt eigentlich Uri Jeremias. »Buri« ist sein Künstlername und das hebräische Wort für »Meeräsche« – eine Hommage an seine liebsten Produkte: Fisch und Meeresfrüchte. Seine freundlichen blauen Augen strahlen, während er ausgelassen über seine Lieblingsgerichte plaudert. Dazu gehören so gut wie alle auf der Speisekarte, denn Uri kocht nur, was ihm selbst schmeckt. Einfach, frisch und lecker soll es sein, so sein Credo. Mehr als sieben Minuten Zubereitung braucht kein Gericht in seinem Restaurant. Der Clou sind die Zutaten und ihr Mix – regional und weltläufig, verspielt, sinnlich und farbenfroh.
Der Chef ruft dem Kellner hinterm Tresen etwas auf Hebräisch zu, das wie »Cappuccino« klingt. Ganz Chef de Cuisine nimmt Uri Buri eigenhändig die Vorspeisen entgegen und verteilt sie flink auf dem Tisch – schaumigen Krabben-Cappuccino mit Birne und Mascarpone, Shrimps, Kaviar und Lachs-Sashimi mit Wasabi-Eis.
»Ich folge keinem Trend, lese keine Kochbücher und spiele gern – wie ein Kind«, sagt Uri mit einem Augenzwinkern. Immer wieder lässt sich der 68-Jährige etwas Neues einfallen. Und den Gästen scheint’s zu gefallen. Jeden Einzelnen von ihnen begrüßt Uri Buri persönlich, das gehört für ihn einfach zum guten Ton. Ein kurzer Schwatz, eine charmante Plauderei, die Empfehlungen zum Menü: Der große Junge ist ganz in seinem Element.
Lachs-Sashimi Außer dem Fischrestaurant betreibt der Unternehmer seit zehn Jahren eine zweite Gaststätte in Caesarea sowie eine Eisdiele nur wenige Schritte vom »Uri Buri« entfernt. Dabei ist Uri Jeremias Autodidakt, das Kochen hat er sich selbst beigebracht. Lange, bevor er Lachs-Sashimi mit Wasabi-Eis erfand, reparierte er Flugzeuge, entschärfte Bomben, fuhr Traktor und arbeitete für die UN in Israel. Später zog er nach Deutschland, ins Land seiner Vorfahren, und frischte sein Jecke-Deutsch ein Jahr lang in einer Hamburger Hippie-Kommune auf. Von dort fuhr er in einem klapprigen VW-Bus quer durch die Welt – über die Türkei, Persien, Afghanistan, Pakistan bis nach Indien.
Auf seinen Reisen fand er nicht nur Geschmack an exotischen Gerichten, sondern entdeckte auch seine Liebe zum Kochen. Unterwegs servierte er Mitreisenden und Dorfbewohnern Menüs, die er aus regionalen Produkten und Gewürzen zauberte. »Kochschule des Lebens« nennt er das.
Familie Zurück in seiner Heimatstadt Naharija half er im Geschäft seines Vaters mit und eröffnete 1988 sein erstes Restaurant – das »Uri Buri«. Samt Lokal zog der Hobbykoch 1997 nach Akko um. Über sein Elternhaus spricht er mit viel Wärme: »Meine Eltern waren ganz besondere Menschen: Sie adoptierten Kinder aus aller Welt, viele von ihnen mit problematischem Hintergrund. Sie taten das aus purer Selbstlosigkeit. Sie waren davon überzeugt, dass jeder Mensch Liebe und ein würdiges Leben braucht und verdient.«
Diese Weltsicht hat Uri auch an seine sechs Kinder weitergegeben. Drei von ihnen sind seine eigenen, drei weitere haben er und seine Frau Yael adoptiert. Auch im beruflichen Alltag setzt er die Familientradition fort: in seinen Restaurants, in sozialen Projekten und seinem Juwel – dem Fünf-Sterne-Hotel »Efendi«. Dort bringt er Schulabbrechern das Kochen bei und bildet jüdische und arabische Jugendliche zu Kellnern und Hotelpersonal aus. Seine Mitarbeiter, grundsätzlich zur Hälfte Juden und Araber, gehören quasi zur Familie.
»Gute Nachbarschaft muss gepflegt werden. Gerade in einer Stadt wie Akko mit ihren orientalischen Wurzeln und ihrer multikulturellen Geschichte ist das besonders wichtig«, betont Uri Jeremias. Auf dem Weg ins »Efendi«-Hotel wechselt er ein paar Worte auf Arabisch mit den Nachbarn, erkundigt sich nach den Kindern und trinkt frischen Minztee mit dem Gewürzhändler.
Traum Dem Hotel sieht man den Luxus von außen nicht an. Es steht inmitten einer Nachbarschaft, wo Frauen Wäsche aufhängen und Kinder leere Coladosen durch die schmalen Gassen kicken. Innen jedoch eröffnet sich eine Welt aus Tausendundeiner Nacht: Originalfresken, Fußbodenmosaike, gusseiserne Geländer, ein 400 Jahre altes türkisches Hamam, alles liebevoll restauriert, bis ins kleinste Detail. Akkos Schichten vergangener Epochen hat Uri Buri hier, unter Aufsicht der Denkmalschutzbehörde, Stein für Stein freilegen lassen.
Der alte osmanische Palast war halb verfallen, als Uri sich vor neun Jahren entschloss, daraus ein Hotel zu machen. Damit hat er sich einen Traum erfüllt. »Man muss ein bisschen verrückt sein, um so etwas zu machen«, schmunzelt er und fügt ein wenig nachdenklich hinzu: »Das Haus ist so, wie es ist, eben weil ich kein Hotelier bin.«
In all seinen Projekten, ob Restaurant, Eisdiele oder Hotel, steckt viel Liebe. Denn Uri Jeremias folgt seinem inneren Ruf. »Für mich ist der Weg schlicht der Weg. Ohne Ziel. Denn wenn du ein Ziel hast, führt das Ziel den Weg. So aber lasse ich mich Tag für Tag auf den Weg ein.«