Erdbeben

Den Nachbarn helfen

Retter von »United Hatzalah« bei der Ankunft auf dem türkischen Flughafen Gaziantep Foto: Flash 90

Das Erdbeben, das die Türkei und Syrien in der Nacht zum Montag erschütterte und Tausende Menschen tötete, war auch in ganz Israel zu spüren. Ein Vorbote? Lokale Experten sind sicher, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis ein »großes und katastrophales Beben« Israel heimsucht.

Währenddessen sind IDF-Rettungs-Teams im Katastrophengebiet der Türkei angekommen. Der Leiter der nationalen humanitären Mission »Olivenzweige«, Golan Vach, machte das Ziel klar: »Wir sind gekommen, um Leben zu retten.« Eine Delegation von 150 militärischen Rettungsexperten traf am frühen Dienstagmorgen in der Südtürkei ein, ein erstes, kleineres Team war bereits am Montag in der türkischen Stadt Adana gelandet.

Es ist der 31. Einsatz der Rettungseinheit der IDF in 40 Jahren.

Die Rettungsabteilung des IDF-Heimatfrontkommandos wird regelmäßig in die ganze Welt entsandt, um bei Naturkatas­trophen wie Erdbeben, Waldbränden, Überschwemmungen und Gebäudeeinstürzen zu helfen. Es ist der 31. Einsatz der Einheit in den vergangenen 40 Jahren. »Wir empfinden es als großes Privileg, unsere Nachbarn auf diese Weise zu erreichen und ihnen zu helfen«, so Vach. Das Erdbeben, das Teile der Türkei und Syriens erschütterte, sei eine »Katastrophe großen Ausmaßes«.

Witterungsverhältnisse Die kalten Wetterverhältnisse würden die Rettungsaktionen erschweren, erklärte der Kommandant, doch man sei erfahren und bestens ausgerüstet. »Wir glauben daran, dass wir jetzt, in diesem Zeitraum, noch Leben retten können. Um das zu erreichen, werden wir eng mit den türkischen Behörden und Rettungskräften zusammenarbeiten. Wir werden unser Bestes tun, um dem türkischen Volk zu helfen«, fügte er hinzu.

Eine Delegation Dutzender israelischer Ärzte, Sanitäter, Rettungskräfte und Psychotraumata-Spezialisten machte sich ebenfalls am Dienstag auf den Weg in die Südtürkei, um bereits laufende Rettungsaktionen zu unterstützen. Der Flug wurde von der Notfallorganisation United Hatzalah organisiert und ist in Gaziantep gelandet, einer der am stärksten von den Erdstößen betroffenen Städte.

Am Mittwoch retteten die israelischen Teams Überlebende aus den Trümmern. Jubel brach unter den Helfern aus. Momente der Freude inmitten der unermesslichen Trauer und Zerstörung. Ein voll ausgestattetes Feldlazarett unter der Leitung der IDF wurde aufgebaut, um Verletzte zu versorgen.

Der medizinische Leiter der Armee, Elon Glassberg, weiß, dass nur sehr wenige Länder in der Welt in der Lage seien, derart hoch entwickelte und umfassende Hilfe in Katastrophengebieten anzubieten. »Aber wir können es. Und wir sind stolz darauf, dies zu tun. Es liegt in unserer Natur zu helfen.«

Am Mittwoch retteten die israelischen Teams Überlebende aus den Trümmern. Jubel brach unter den Helfern aus.

Obwohl Israel umgehend Hilfe in die Türkei entsandte, sei das Land selbst noch lange nicht in der Lage, ein derartiges Szenario innerhalb seiner eigenen Grenzen zu bewältigen, meint Ariel Heimann, leitender Forscher am Institut für nationale Sicherheitsstudien, der zuvor für das Geological Survey of Israel arbeitete.

warnung Experten warnen, dass ein schweres Erdbeben auch in Israel Hunderttausende Häuser beschädigen könnte, obwohl seit 2005 ein Programm zur Verstärkung von Wohngebäuden läuft, um sie erdbebensicher zu machen. Die Gebäudetechniknorm für Erdbebensicherheit ist seit 1980 obligatorisch. Die meisten Gebäude, die davor gebaut wurden, sind wahrscheinlich nicht so angelegt, dass sie einem Erdbeben standhalten würden.

Israels verwundbarstes Gebiet liegt entlang des Syrisch-Afrikanischen Grabens, der sich durch das Jordantal zieht. Als gefährdete Bevölkerungszentren gelten Tiberias, Beit Schean, Safed und Kiryat Shmona. In all diesen Orten gibt es eine große Anzahl von Gebäuden, die vor 1980 gebaut wurden.

Der staatliche Kontrolleur listete in seinem letzten Bericht diesbezüglich extreme Mängel auf: Bis zu 600.000 Häuser in Israel seien vom Einsturz bedroht, wenn ein ausreichend starkes Erdbeben das Land träfe. Fast die Hälfte der Gebäude in Tiberias beispielsweise gilt als nicht erdbebensicher. Viel kleinere Erschütterungen im Januar führten dort nach Angaben von Anwohnern zu Rissen an rund 60 Stellen.

Immerhin wurde im vergangenen Jahr das landesweite Frühwarnsystem für Erdbeben »Truaa« (Trompetenstoß) aktiviert. Das System könne zwar keine Beben voraussagen, aber den Menschen, die relativ weit vom Epizentrum entfernt leben, immerhin wertvolle Sekunden geben, um sich schützen zu können. Erkennt Truaa etwa ein Beben im nördlichen Toten Meer, einem Gebiet, das für Beben anfällig ist, haben die Menschen in Jerusalem nur drei Sekunden Zeit, um zu reagieren, aber in Tel Aviv bereits 18 und in Haifa 30 Sekunden.

hilfsgüter Unterdessen hat auch IsraAID, Israels führende nicht-staatliche humanitäre Hilfsgruppe, angekündigt, dringend benötigte Hilfsgüter in das aktuelle betroffene Gebiet zu liefern und gleichzeitig den weiteren Bedarf vor Ort zu ermitteln. Premierminister Benjamin Netanjahu hatte am Montag gesagt, dass Israel plane, humanitäre Hilfe auch nach Syrien zu schicken, darunter Zelte, Medikamente und Decken. Die Bitte sei über diplomatische Kanäle nach Jerusalem gelangt, angeblich über Russland, schrieben israelische Medien.

Während sich die beiden Länder offiziell weiterhin im Kriegszustand befinden, führte die IDF eine umfangreiche humanitäre Operation in Syrien durch.

Während sich die beiden Länder offiziell weiterhin im Kriegszustand befinden, führte die IDF eine umfangreiche humanitäre Operation durch, um Syrern während des Bürgerkriegs zu helfen. An der Grenze wurde zeitweilig sogar ein Feldlazarett der israelischen Armee betrieben.

In der von Rebellen gehaltenen Enklave im Nordwesten Syriens, einem der wenigen Gebiete, das außerhalb der Kontrolle des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geblieben ist, sind Hunderte Familien unter den Trümmern gefangen, sagte die als White Helmets bekannte oppositionelle Notfallorganisation. Das Beben hat eine der verwundbarsten und ärmsten Gegenden der Welt getroffen – mitten im Winter.

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