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Tour de France

Debüt für Blau-Weiß

Unter Pandemie-Bedingungen quer durch Frankreich: Tour de France 2020. Diesmal mit dabei: Guy Niv aus Israel Foto: imago/LaPresse

Heute hat in Nizza die Tour de France begonnen. Wegen der Covid-19-Pandemie ist es eine Tour de France der großen Ungewissheiten. Gewiss ist aber schon jetzt, dass mit »Israel Start-Up Nation« erstmals ein israelisches Team an den Start gehen und mit Guy Niv auch ein israelischer Radprofi die »Große Schleife« unter seine Füße nehmen wird. Ihn begleiten die beiden deutschen Profis André Greipel und Nils Politt.

»Ein Traum wird wahr, ich habe Gänsehaut.«

Guy Niv, israelischer Radsportler

Für den charismatischen Teameigner Sylvan Adams haben sich mit dem Start in Nizza bereits zwei von drei großen Zielen erfüllt. Bei der Debüt-Tour für seinen Rennstall will er zumindest einen Etappensieg und dann im nächsten Jahr mit Superstar Chris Froome im Kader um den Gesamtsieg fahren.

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Teameigner Sylvan Adams brachte schon Madonna und Messi nach Israel.
Adams, Sohn zweier Holocaust-Überlebender und Immobilienunternehmer aus Kanada, hatte das Team in dieser Saison in die WorldTour geführt, die oberste Kategorie des Straßenradsports. Damit sicherte er zugleich einen Tour-de-France-Startplatz.

RENNEN »Ich möchte ein israelisches Team in die WorldTour bringen, und ich möchte, dass israelische Fahrer an der Tour teilnehmen«, hatte sich Adams bereits kurz nach seinem Einstieg im Jahr 2016 in den damals noch unterklassigen Rennstall Israel Cycling Academy ziemlich forsch geäußert. Man mochte dies für großspurige Ankündigungen eines weiteren Radsportpatrons halten. Adams immerhin lieferte. 2018 holte er den Start des Giro d’Italia nach Israel, 2019 erwarb er die Lizenz des russischen Rennstalls Katusha. Seitdem sind die blau-weißen Trikots des israelischen Teams bei allen großen Rennen im Peloton dabei.

Allerdings mit bisher eher mäßigem sportlichen Erfolg. In der durch die Pandemie stark beeinträchtigten Saison gelangen bislang nur Siege in unterklassigen Rennen wie dem französischen Eintagesrennen Le Samyn durch den französischen Profi Hugo Hofstetter oder ein Etappensieg durch den Esten Mihkel Räim bei der Tour of Antalya – alles noch vor dem Lockdown.

Bei den ersten Rennen im Hochsommer wartete immerhin der Belgier Ben Hermans mit Platz 9 beim Klassikermonument Il Lombardia auf. Das bescherte ihm dann auch einen Startplatz im Tour­aufgebot. Hermans hatte selbst schon nicht mehr damit gerechnet und zuvor auch die psychische Belastung, die eine große Rundfahrt unter Pandemiebedingungen bedeuten kann, herausgestrichen. »Die soziale Isolierung, die die Hygieneregeln mit sich bringen, wurde bislang unterschätzt. Das kann auch die Leistung beeinträchtigen«, meinte Hermans gegenüber der belgischen Zeitung »Het Nieuwsblad«.

HYGIENE-BLASEN Während der Tour de France müssen die Teams in sogenannten Hygiene-Blasen stecken. Jeder Fahrer hat ein Einzelzimmer. Kontakte zu Personen außerhalb des maximal 30 Personen umfassenden Teams sind stark eingeschränkt. »Ein Höhentrainingslager vor der Tour bedeutet weitere drei Wochen, die wir von unseren Familien entfernt sind. Insgesamt können es durch eine Grand Tour sieben bis acht Wochen sein, in denen wir nicht bei unseren Nächsten sind«, meinte Hermans.

Hinzu kommt der Stress, der durch positive Tests auf Covid-19 entsteht. Israel Start-Up Nation hatte bereits einen positiven Test durch Omer Goldstein. Zwei seiner Teamkollegen, die mit ihm in engerem Kontakt waren, wurden als Vorsichtsmaßnahme von einem Rennen in Spanien abgezogen.

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Ihre Tests waren negativ, ebenso wie Nachtests bei Goldstein. Offenbar handelte es sich bei ihm um einen falsch-positiven Test. Weil in den letzten Wochen weitere positive Tests zu einem Ausschluss von Sportlern führten, bei denen die Nachtests aber ebenfalls negativ waren, nimmt die Besorgnis in der Branche zu. Denn bei der Tour de France wird jedes Team bei zwei positiven Fällen sofort disqualifiziert.

Sportlich hat sich Israel Start-Up Nation Etappensiege vorgenommen. Hermans, derzeit am besten in Form im Aufgebot, soll auf mittelschweren Etappen punkten. Bei den Berg­etappen will Dan Martin zuschlagen. Top-Platzierungen im Gesamtklassement, für die der Ire eigentlich geholt worden war, sind aufs nächste Jahr verschoben.

Dann gehört der vierfache Toursieger Chris Froome zum Team. Seine Verpflichtung war einer der spektakulären Coups, für die Adams mittlerweile bekannt ist. Um Israel positiv ins Gespräch zu bringen, ließ Adams bereits Superstar Madonna für einen Auftritt nach Israel einfliegen.

IMAGE-KAMPAGNE Er sorgte auch dafür, dass Fußballstar Lionel Messi zu einem Freundschaftsspiel seiner argentinischen Nationalmannschaft nach Israel kam. 2018 hatte sich Messi noch einem Testspiel gegen die israelische Nationalmannschaft verweigert, nachdem das Match vom ursprünglich geplanten Austragungsort Haifa nach Jerusalem verlegt worden war. Er rief auch zur »Solidarität mit Palästina« auf; 2013 besuchte er mit dem FC Barcelona bereits Israel und die Palästinensergebiete.

Die Wirkung von Adams Image-Kampagnen für Israel durch den Sport kann man auch daran erkennen, dass aktuell einzelne Organisationen der Boykottbewegung gegen Israel zu Protesten rund um die Tour de France aufriefen.

Sportlich hat sich das Team »Israel Start-Up Nation« Etappensiege vorgenommen.

Von den drei deutschen Profis im Team werden nach gegenwärtigem Stand Alt-Star André Greipel und der Klassikerspezialist Nils Politt die blau-weißen Trikots über Frankreichs Landstraßen tragen. Wie nahe der 38-jährige Greipel seinem Ziel eines weiteren Etappensiegs bei der Tour de France kommen kann, ist fraglich.

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Als Vorbereitung bestritt er vor allem Rundfahrten, die mit vielen Bergen gespickt waren, und erwarb sich Meriten vor allem wegen seiner Durchhaltequalitäten. Politt soll ähnlich wie Hermans sein Glück auf mittelschweren Etappen versuchen. Seine Saisonhöhepunkte kommen aber erst im Oktober mit den Klassikermonumenten Flandernrundfahrt und Paris–Roubaix.

INFEKTIONSZAHLEN Für Guy Niv, den israelischen Tour-Debütanten, stellt bereits die Teilnahme einen Höhepunkt dar. »Ein Traum wird wahr, ich habe Gänsehaut. Ich bin stolz, mein Land und mein Team im größten Radsportevent und einem der größten Sportevents weltweit repräsentieren zu können«, sagte er.

Jetzt ist es sein Ziel, die 3484 Kilometer auch durchzufahren und am 20. September in Paris anzukommen.

Dies aber liegt nicht allein in seiner Macht. Niemand weiß derzeit, ob angesichts der steigenden Infektionszahlen in Frankreich die Tour selbst wie geplant nach Paris gelangt.

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