Die Debatte sorgte für einen Sturm der Entrüstung, deren Ausläufer sogar im benachbarten Jordanien zu spüren waren. Zum ersten Mal seit Bestehen des Staates Israel ist in der Knesset über den Status quo des Tempelberges gesprochen worden. Der Likudabgeordnete Mosche Feiglin hatte beantragt, das Thema »israelische Souveränität auf dem Tempelberg« auf die Tagesordnung zu setzen. 30 rechts- und linksgerichtete Parlamentarier meldeten sich zu Wort – obwohl die Debatte lediglich deklarierenden Charakter hatte und keine Änderung der bisherigen Regelung nach sich ziehen wird. Fast alle arabischen Abgeordneten blieben aus Protest fern.
In biblischer Zeit standen auf der Anhöhe in Jerusalem der erste und zweite jüdische Tempel. Heute befinden sich hier der muslimische Felsendom und die Al-Aksa-Moschee. Feiglin hatte bereits mehrfach mit seinen Besuchen auf dem Berg für Schlagzeilen gesorgt. Im Oktober 2012 und Januar 2013, bevor er Abgeordneter wurde, nahm die Polizei ihn fest, weil er auf dem Tempelberg betete.
oberstes gericht Feiglin beharrt darauf, dass es Juden erlaubt sein müsse, auf der Anhöhe zu beten, wann und wie sie wollen. Das hatte vor einer Weile auch das Oberste Gericht bestätigt. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Sicherheitskräfte Juden jederzeit den Zutritt verweigern dürfen, sofern sie davon ausgehen, dass der Besuch die öffentliche Ordnung stören könnte. Und das sieht die Polizei generell so. Also gibt es de facto keinen Einlass für jüdische Gläubige.
»Die israelische Regierung weicht ihrer Berufung aus«, erklärte der Hardliner bei der Eröffnung der Sitzung. »Sie hat die Verantwortung für jegliche Reste von israelischer Souveränität auf dem Hügel aufgegeben«, so Feiglin. »Jede Terrororganisation kann dort ihre Flagge wehen lassen, aber die israelische Fahne? Das darf nicht einmal erwähnt werden. Psalmen zu lesen führt zur Verhaftung, nicht einmal eine Kippa ist nach Polizeistandards ratsam.«
Die Verwaltung des Tempelbergs obliegt der jordanischen Regierung und dem islamischen Waqf. Das Arrangement besteht seit Ende des Sechstagekrieges, in dem Israel die Altstadt und den Ostteil von Jerusalem von den Jordaniern erkämpfte und später annektierte. Die Vereinbarung über den Tempelberg ist sogar im Friedensvertrag zwischen Israel und Jordanien verankert. So echauffierte sich denn auch eine Vielzahl jordanischer Abgeordneter über die Debatte in der Knesset. Einer forderte sogar »das Überdenken des Friedensvertrages«.
Unterstützung bekam Feiglin aus unerwarteter Ecke. Zahava Gal-On, Parteivorsitzende der linken Meretz-Partei, sagte, Juden sollten das Recht haben, auf dem Tempelberg zu beten, fügte jedoch hinzu, dass dies ausschließlich nach Absprache mit palästinensischen und arabischen Repräsentanten erfolgen sollte. »Sonst«, so Gal-On, »ist Feiglins Vorschlag wie ein Zündholz, das das Pulverfass, auf dem der Nahe Osten sitzt, entfachen könnte.«