Die Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Angriff mehren sich. Am Sonntag ist der Oberbefehlshaber des US-Regionalkommandos Centcom, General Michael Erik Kurilla, in Israel angekommen. Das berichtete das US-Nachrichtenportal »Axios«. Kurilla war kurz vor dem iranischen Großangriff im April nach Israel gekommen.
Die USA und Großbritannien haben ihre Bürger am Samstag aufgefordert, den Libanon sofort zu verlassen. Nun warnt auch Kanada vor Reisen nach Israel. Nachdem US-Präsident Joe Biden sein Engagement für die Sicherheit Israels gegen alle Bedrohungen aus dem Iran, einschließlich der von ihm unterstützten terroristischen Gruppen Hamas, Hisbollah und Houthis, bekräftigt hat, wurden ein US-Flugzeugträger, Kriegsschiffe und ein Kampfgeschwader in die Region verlegt, melden Reuters und CNN. In Israel bereiten sich Militär und Bevölkerung auf den möglichen Angriff an mehreren Fronten vor, während international angestrengte diplomatische Bemühungen laufen, um die endgültige Eskalation zu verhindern.
Laut einem Bericht des amerikanischen Newsportals Axios, würden der Iran und die Hisbollah im Libanon derzeit ihre militärischen Pläne finalisieren und sich bei ihren Verbündeten politisch absichern.
Israels öffentlich-rechtlicher Sender Kan berichtet, dass Premier Netanjahu am Sonntag zu Beginn der wochentlichen Kabinettsitzung sagte: »Wir werden reagieren und einen hohen Preis für jeden Akt der Aggression gegen uns zahlen, egal von welchem Schauplatz aus«.
Laut Kan meldete außerdem die pro-saudische Zeitung Asharq Al-Awsat, dass Syriens Assad-Regime vorerst nicht in den aktuellen Konflikt eintreten wolle, da man sich die Wahl des richtigen Zeitpunkts selbst vorbehalte. Assad habe eine mögliche Beteiligung zudem bei seinem jüngsten Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau erörtert.
»Rache« und Vergeltungsdrohungen
Seitdem am vergangenen Mittwoch der Politchef der Terrororganisation Hamas, Ismail Haniyeh, in Teheran gezielt getötet wurde - wofür der Iran Israel verantwortlich macht – drohen das Mullahregime und seine Satelliten mit »Rache«. General Hussein Salami von den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) sprach von einem breiten Gegenschlag verbündeter Milizen in der Region.
»Das kriminelle und terroristische zionistische Regime und seine Unterstützer müssen mit dem heiligen Zorn der Widerstandsgruppen rechnen«, zitiert die Nachrichtenagentur dpa das Webportal der Revolutionsgarden. Zu den nichtstaatlichen Verbündeten des Iran zählen die Hamas in Gaza, die Houthi im Jemen und die Hisbollah im Libanon, aber auch im Irak und in Syrien gibt es Iran-treue Terror-Milizen.
Angriffe auf Zivilisten
Hisbollah warnte am Samstag vor weiteren Angriffen auf zivile Ziele in Israel, berichtet die »Times of Israel«. Aus Teheran hieß es, die vom Iran unterstützte Terrorgruppe werde nach der Tötung ihres Kommandeurs Fuad Shukr am vergangenen Dienstag »breitere und tiefere« Angriffe durchführen als bisher.
Nach israelischen Angaben war Shukr für den Raketenangriff verantwortlich, bei dem am 27. Juli zwölf Kinder und Jugendliche auf einem Fußballplatz in der drusischen Stadt Majdal Shams im Golan getötet wurden, und hat die Angriffe der Hisbollah auf Israel seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 koordiniert.
Die Hisbollah beschießt Israel täglich, seitdem die Hamas im Süden des Landes einfiel, rund 1200 Menschen massakrierte, Hunderte Verletzte und 251 als Geiseln verschleppte.
Evakuierung im Libanon
»Times of Israel« zitiert arabische Medienberichte, laut denen die Hisbollah gerade ihr Führungspersonal aus den Hochburgen der Terrorgruppe in den südlichen Vororten von Beirut in Erwartung möglicher israelischer Angriffe evakuiert. Auch militärische Ausrüstung sei aus der Stadt gebracht worden sein. An diesem Samstag wurden allein aus dem südlichen Gazastreifen 19 Raketen auf Israel gefeuert. Die Hisbollah schoss Dutzende Raketen auf Israels Norden.
In einer Ansprache an die Truppen in Gaza sagte IDF-Stabschef Generalleutnant Herzi Halevi am Donnerstagabend, Israel sei »bereit, weit zu gehen«, um diejenigen zu treffen, die dem Land schaden.
Israel kann mit der Unterstützung der USA und anderer Verbündeter rechnen. Deshalb könnten iranische Stellvertretergruppen im Irak und in Syrien US-Stützpunkte im Osten Syriens angreifen, schrieb das amerikanische Institute for the Study of War (ISW). Lokalen Medienberichten zufolge hätten Iran-treue Milizen Truppen und Raketenwerfer aus dem Irak nach Syrien verlegt, in die Nähe der US-Stützpunkte. Das Kalkül Teherans könne sein, mit Angriffen auf die US-Basen in Syrien Abwehrkapazitäten der Amerikaner zu binden, die sonst bei der Verteidigung Israels zum Einsatz gelangen würden.
US-Präsident Joe Biden und andere Regierungsmitglieder von Israels wichtigstem Verbündeten sehen den Schlüssel zur Deeskalation in einem Waffenruheabkommen für den seit fast zehn Monaten andauernden Gaza-Krieg. Die indirekten Verhandlungen dafür, bei denen die USA, Ägypten und Katar vermitteln, kommen jedoch nicht voran. Diese sollen auch zur Freilassung von noch rund 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas führen. Die jüngste Gesprächsrunde mit israelischen und ägyptischen Teilnehmern am Samstag in Kairo brachte keine Fortschritte, wie israelische Medien berichteten. ja/dpa