Interview

»Das Mullah-Regime steckt dahinter«

Arye Sharuz Shalicar Foto: Marco Limberg

Wo sind Sie in diesem Moment, Herr Shalicar, und was haben Sie seit dem Beginn des Terrorangriffs erleben müssen?
Ich bin in der Nähe von Tel Aviv. Zunächst wurde ich aus dem Schlaf gerissen, durch Einschläge, die bis ins Zentrum des Landes laut und deutlich zu hören waren. Dann gab es die schockierenden Bilder von Pickup-Trucks der Hamas im Süden Israels. Eine Situation wie diese hat man sich zuvor nicht vorstellen können.

Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf?
Ich denke an meine Familie und Freunde. Das heißt, ich mache mir Sorgen um meine Liebsten, die erweiterte Familie, deren Mitglieder im ganzen Land verteilt leben, denn es gibt Berichte von sehr vielen Ermordeten, Verletzten und Gekidnappten.

Wie soll sich die israelische Bevölkerung verhalten? Was sagen die Behörden?
Die Menschen wurden angehalten, zu Hause zu bleiben, besonders in Gebieten, in denen die größte Gefahr droht. Die Leute müssen die Sicherheitskräfte ihre Arbeit verrichten lassen. Das Gebiet muss nach den Terroristen durchsucht werden, bevor man aufatmen kann. Weiterhin befinden sich Terrorzellen auf israelischem Boden.

Wie konnte es dazu kommen, dass so viele Israelis ermordet wurden? Wie gut war das Land auf Terrorangriffe dieser Art und in diesem Umfang vorbereitet?
Nun, die Raketenabwehr Iron Dome steht und ist immer bereit. Aber Hunderte Raketen zugleich abzuwehren, ist nicht einfach. Das Hauptproblem sind Terroristen, die durch den Sicherheitszaun eindrangen und die teilweise noch im Land sind. Sie werden weiterhin bekämpft.

Mit welcher Reaktion Israels rechnen Sie nun? Wird diese bis nach Teheran reichen?
Es ist klar, dass das Mullah-Regime dahinter steckt. Die Vorgehensweise von Hamas und Islamic Jihad folgt dem Muster, den die Hisbollah jahrelang angekündigt hat: eindringen, Israelis ermorden, Geiseln nehmen. Die Mullahs hatten schon Schilder vorbereitet und aufgestellt, auf denen sie die Terroristen loben und ihnen Segenssprüche widmen. Seit heute früh berichten die Staatsmedien im Iran über die Angriffe.

Ist die momentane Reaktion der israelischen Streitkräfte nur der erste Schritt? Was wird der nächste Schritt?
Die Streitkräfte haben in den Morgenstunden beschlossen, was zu tun ist. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, wie die Reaktion aussieht - bei so vielen Toten, Verletzten und Entführten. Man wird Hamas, Islamic Jihad und eventuell andere die Rechnung bezahlen lassen.

Kann die Terrororganisation nun von Israel entmachtet werden?
Diese Feinde Israels wollen symbolische Siege nach Hause tragen, terrorisieren, Druck machen - auch weil Israel näher an einen Friedensvertrag mit Saudi-Arabien heran rückt. Das Timing wurde absichtlich ausgewählt - auf den Tag genau 50 Jahre nach dem Jom Kippur-Krieg. Die Gruppen Hamas und Islamischer Dschihad bestehen aus Terroristen, die nichts anderes können als Terror zu verbreiten und sich auf Krieg vorzubereiten. Sie müssen alle paar Jahre unter Beweis stellen, dass sie es können und sich so legitimieren. Ich erinnere an Saddam Hussein, der auch Terror verbreitet hat. Wurde es nach ihm besser? Was ich damit meine: Wenn man die Hamas stürzt, was kommt dann? Müsli essende Studenten werden jedenfalls nicht die Macht an sich reißen.

Was machen Sie nun, um sicherzustellen, dass Sie und Ihre direkte Familie möglichst sicher sind?
Die Familie bleibt zu Hause und ich werde die Uniform anziehen und als Reservist, beziehungsweise als Armeesprecher aktiv.

Und wie beruhigen Sie Ihre Familie?
Es ist nicht das erste Mal, dass es Raketen hagelt. Die Bilder und das Ausmaß sind zwar ein anderes, aber wir sind es gewohnt, dass wir uns dem Terror entgegenstellen müssen.

Mit dem Reservisten, Sprecher der israelischen Streitkräfte, Politologen und Schriftsteller deutsch-iranisch-israelischer Herkunft sprach Imanuel Marcus.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Vermisst

Er verteidigte seinen Kibbuz

Tal Chaimi kam als Einziger des Noteinsatzteams nicht zurück

von Sophie Albers Ben Chamo  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Meinung

Geduld mit Trump

US-Präsident Trump ist vielleicht nicht der perfekte Freund Israels und der Juden, aber der beste, den sie haben. Vorschnelle Kritik an seinem Handeln wäre unklug

von Michael Wolffsohn  17.04.2025

Nachrichten

Geisel, Protest, Terroristen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sophie Albers Ben Chamo  17.04.2025

Washington D.C.

»New York Times«: Trump lehnte Angriff auf Irans Atomanlagen ab

Israel soll einen Bombenangriff auf iranische Nuklearanlagen geplant haben - mit Unterstützung der USA. Doch mehrere Mitglieder der Trump-Regierung hätten Zweifel gehabt

 17.04.2025

Jerusalem

Netanjahu erörtert Geisel-Frage mit seinen Unterhändlern

Israels Regierungschef weist das Verhandlungsteam an, auf die Freilassung der Hamas-Geiseln hinzuarbeiten

 17.04.2025

Gaza

Hund von Opfern des 7. Oktober in Gaza gefunden

Einem israelischen Soldaten ist in Gaza ein Hund zugelaufen, der auf Hebräisch reagierte. Er nahm ihn mit zurück nach Israel und fand seine Besitzer

von Sophie Albers Ben Chamo  16.04.2025