Mit seiner Meinung hat er nie hinterm Berg gehalten. Und wird es wohl auch in Zukunft nicht tun. Abraham B. Jehoschua, einer von Israels bekanntesten Schriftstellern, wird am 19. Dezember 75 Jahre alt. Viele bezeichnen ihn als »Gewissen der Nation«. 1936 wurde Jehoschua in eine sefardische Familie geboren, die bereits seit fünf Generationen in Jerusalem lebte.
Nach der Armee studierte er Literatur und Philosophie an der Hebräischen Universität. Nach vier Jahren in Paris als Generalsekretär der Weltunion jüdischer Studenten ließ er sich in Haifa nieder, wo er als Professor vergleichende und hebräische Literatur lehrte. Er ist mit einer Psychoanalytikerin verheiratet, das Paar hat drei Kinder und sechs Enkel.
Unter dem Namen A.B. Jehoschua veröffentlichte er Kurzgeschichten, Theaterstücke und neun Romane. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen geehrt. 1995 verlieh man ihm die höchste seines Landes, den Israel-Preis. Seine Romane wurden in 30 Sprachen übersetzt, auch ins Deutsche. Darunter Späte Scheidung und Der Liebhaber, eine Geschichte, die während des Jom-Kippur-Kriegs spielt. Der Roman Die fünf Jahreszeiten des Molcho wurde zu einem der zehn wichtigsten Bücher Israels gekürt.
Vorbild Die New York Times bezeichnete Jehoschua als »eine Art israelischen Faulkner«. Er selbst nannte Faulkner, Kafka und Agnon als Vorbilder. Seine Fähigkeit, die Stimmung des modernen Israel einzufangen, macht ihn bis heute zu einem der meistgelesenen israelischen Schriftsteller. Der Kritiker Alan Lelchuk schrieb einmal: »Er versucht, durch die tiefen Ebenen der Gefühle zu dringen, in Bedeutungen, die jenseits des Zerebralen und Faden liegen.«
Daneben setzt Jehoschua sich unermüdlich für den Frieden zwischen Palästinensern und Juden ein, kritisiert jedoch auch die Gewalt der Hamas. Oft mischt er sich in die Tagespolitik ein, wie etwa im Sommer 2006, als er mit anderen Literaten einen Waffenstillstand zwischen Israel und dem Libanon forderte.
Über seine Staatsbürgerschaft sagte er einmal: »Diasporajuden wechseln ihre Nationalität wie Jacken. Früher waren sie polnisch oder russisch, jetzt sind sie britisch oder amerikanisch. Eines Tages werden sie vielleicht chinesisch sein. Für mich, Abraham Jehoschua, gibt es keine Alternative. Ich kann meine Identität nicht außerhalb Israels lassen. Israeli zu sein, ist meine Haut, nicht meine Jacke.«