Olympia

Dabeisein ist alles

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Dabeisein ist alles

Israel ist nur mit einem kleinen Team in Vancouver vertreten – und ohne seine Eiskunstlaufmeisterin

von Martin Krauss  11.02.2010 00:00 Uhr

Mit drei Sportlern reist Israel an, es geht um zwei Sportarten, und es ist eine Olympiade. Doch obwohl der Ertrag, den die Equipe bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver einstreichen wird, sich gegen null bewegen könnte, treten die Israelis in Kanada nicht gerade bescheiden auf.

Einzig der Skifahrer Mikhail Renzhin, der im Slalom und Riesenslalom an den Start geht, bleibt realistisch. »Es ist schwer zu sagen, was meine Erwartungen sind«, sagt der 32-Jährige, der in Lettland geboren wurde und in den USA lebt, »es hängt doch sehr von der Tagesform ab.« Vor vier Jahren, bei den Spielen in Turin 2006, war Renzhin 32. geworden.

top-ten Ganz anders präsentiert sich das Eistanzpaar Alexandra und Roman Zaretsky. Die Geschwister, die aus Weißrussland stammen, reisen mit Trainerin, Arzt, Physiotherapeut, Fitnesstrainer, Choreograf, Techniktrainer, Tanzlehrer und einem Pilatesbetreuer an. Auch die Zaretskys leben in den USA, aber sie haben lange in Israel, im Eissportzentrum in Metulla nahe der libanesischen Grenze, trainiert. »Wir hatten das Potenzial«, sagt Roman Zaretsky selbstbewusst. »Daher haben wir uns dazu entschlossen, in die USA zu gehen.« Mit einem Platz auf dem Siegertreppchen rechnet allerdings auch er nicht. »Natürlich wollen wir eine Medaille gewinnen, aber wir sind realistisch und wissen, dass ein Platz unter den Top-Ten ein großer Erfolg wäre.« 2006 in Turin wurden die beiden 22., bei den letzten Weltmeisterschaften schon Neunte, und im Januar bei den Europameisterschaften im estnischen Tallinn Siebte.

Damit der 27-jährige Roman und seine 23-jährige Schwester die Platzierungstreppe höherklettern, haben sie sich zu einer Kür entschieden, die aus der ungewöhnlichen Mischung aus »Hava Nagila« und der Melodie von »Schindlers Liste« besteht.

privatunternehmen Bezahlt wird das Zaretsky-Unternehmen überwiegend privat. Nur ein Bruchteil des vom Nationalen Olympischen Komitee Israels (OCI) zugesagten Geldes sei gekommen, heißt es. Boris Chait, der Präsident des israelischen Eislaufverbandes buttert selbst jährlich 150.000 Dollar in das Unternehmen, wie die New York Times berichtete. Auch Chait lebt in den USA, und er ist der Vater von Galit Chait. Die ist nicht nur Trainerin der Zaretskys, sondern wurde vor vier Jahren gemeinsam mit ihrem Partner Sergei Sakhnowski bei den Spielen in Turin Sechste – der bislang größte israelische Erfolg bei Winterspielen, an denen das Land ohnehin erst seit 1994 teilnimmt.

Boris Chait, der in Vancouver als Israels Chef de Mission amtieren wird, sagt über Zaretskys Chancen: »Das Erreichen eines Platzes unter den ersten Zehn ist ein erwartbarer Erfolg.« Und völlig unnötigerweise fügt er noch hinzu, es gebe schließlich einen israelischen Kampfrichter, das mache die Situation »ausgewogen«.

interna Wenn es nach Chait ginge, gäbe es noch eine weitere israelische Teilnehmerin. Tamar Katz heißt sie, lebt auch in den USA, und hat die Bedingungen der International Skating Union (ISU) für eine Olympiateilnahme erfüllt. Doch das OCI will die 20-Jährige, die dreifache israelische Eiskunstlaufmeisterin ist, nicht dabei haben. »Wir haben interne Regeln«, sagt Zvi Varshaviak, der OCI-Präsident, »Katz ist nicht gut genug«. Sie wurde nämlich bei den Europameisterschaften 21., dabei hätte sie mindestens 14. werden müssen.

Dass Katz erzählt, sie sei vor den Europameisterschaften von einer Virusinfektion befallen worden und habe die letzten 14 Tage nicht trainieren können, interessiert beim OCI niemand. »Einige Länder haben das Hauptziel teilzunehmen, und einige entsenden ihre Athleten, damit sie gewinnen«, sagt Efraim Zinger, der OCI-Generalsekretär. »Wir sind daran interessiert, dass unsere Sportler die Spitze erreichen.« Und Varshaviak sagt: »Wir mögen Tamar Katz, sie ist jung, und wir hoffen, dass wir sie für Israel bei den nächsten Olympischen Spielen sehen.«

Über so etwas regt sich Boris Chait auf. »Ich habe versucht, denen zu erklären, dass diese Leute Botschafter sind«, sagt er. »Wir waren in Ländern, wo die Leute zu uns gekommen sind und gesagt haben: ›Wir wussten nicht, dass Ihr Israelis auch Schlittschuh laufen könnt, wir dachten, Ihr könnt nur schießen.‹« Widerspruch gegen den Olympiaausschluss von Tamar Katz kommt auch von einem anderen hohen Funktionär. Alex Gilady, Israels einziges IOC-Mitglied, sagt, er habe für Katz einen Brief ans OCI geschrieben: »Aber sie haben dagegen entschieden.«

lächerlich Tamar Katz selbst kann das nicht verstehen: »Ich rede doch nicht von Medaillen«, sagt sie. »Es geht doch auch darum, dein Land zu repräsentieren, und zwar mit Würde und Respekt.« Katz’ Manager, Jerry Solomon, regt sich noch mehr darüber auf: »Die israelischen Standards sind höher als die olympischen Standards«, flucht er. Ein weiteres Argument trägt Katz’ Trainer Peter Burrows vor. »Die Tatsache, dass sie international bei Wettkämpfen antritt, bedeutet auch, dass sie für die israelische Eislauforganisation Geld generiert«, sagt er. »Ich habe in meiner ganzen Trainerlaufbahn so etwas Lächerliches noch nicht erlebt.« Allerdings hat Katz, die auch jahrelang in Metulla trainierte, ehe sie in die USA ging, von ihrem Sportverband die volle Unterstützung. Der israelische Eissportverband will sie in Vancouver sehen, nur das OCI nicht. Nun hat sich Katz sogar an die Politik gewandt: Zalman Shoval, früherer Botschafter Israels in den USA, appellierte an Sportministerin Limor Livnat, Einfluss auf das OCI zu nehmen. Auch eine Gruppe im Onlineportal Facebook macht sich für Katz stark. Vermutlich vergeblich.

Tamar Katz plant jetzt schon anders: »Ich werde im März in Italien an den Weltmeisterschaften teilnehmen«, sagt sie. »Da werden die gleichen Sportler an den Start gehen wie in Vancouver, aber es ist ein härterer Wettkampf. Ich hoffe, dass ich da gut abschneide und es jedem beweisen kann.«

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