Vor zwei Wochen tauchte eine Delegation des israelischen Curling-Verbandes im amerikanischen Weyland östlich von Boston auf. Der dortige Broomstone Curling Club hat mit Hochleistungssport wenig im Sinn, aber die Funktionäre sahen sich gründlich um, machten Notizen und Videoaufzeichnungen und führten ein ausführliches Gespräch mit dem 29-jährigen Jacob Davis, dem Vereinsmeister von Weyland.
Der Besuch hatte einen olympischen Hintergrund. Israel versucht, für die Winterspiele 2018 in Südkorea ein Curling-Team zusammenzustellen. Aber in Israel gibt es nicht genügend dieser Wintersportler. Also sucht man jetzt jüdische Curler in Nordamerika und hofft, dass sie für die Chance eines Olympiastarts die israelische Staatsbürgerschaft annehmen.
Israels plötzliches Interesse an Curling geht auf Yosef Goldberg zurück. Der Bürgermeister von Metulla in Galiläa bemerkte, dass in seinem Wintersportzentrum zwar viel Eishockey und -kunstlauf stattfindet, die Curling-Bahn aber ungenutzt blieb. Also beschloss Goldberg, dem israelischen Curling-Sport auf die Beine zu helfen.
Nationalmannschaft Er initiierte die Gründung eines israelischen Verbandes und organisierte Turniere nicht nur in Metulla, sondern auch in Holon, Aschdod und Jerusalem, wo sich ebenfalls Eisbahnen befinden. Rund 200 Mitglieder gewann er und erreichte die Aufnahme in den Weltverband. Nun gilt es, eine Nationalmannschaft aufzubauen.
Da erscheint Nordamerika als natürliches Rekrutierungsfeld. In den 60er-Jahren gab es etwa in Vancouver, Edmonton und Winnipeg große jüdische Clubs mit Namen wie »Menorah Curling Club«. Sie trafen sich jährlich zum B’nai-B’rith-Bonspiel, dem größten jüdischen Curling-Turnier der Welt. Terry Braunstein, ein Jude aus Manitoba, war in den 50er-Jahren sogar mehrfacher kanadischer Champion.
Auch heute gibt es noch talentierte jüdische Curler in Nordamerika. Jeff Lutz aus Michigan etwa war US-College-Meister. Und der gerade einmal 18 Jahre alte Kyle Doering aus Winnipeg wurde erst im letzten Jahr wieder kanadischer Jugendmeister. Beide schreckt aber die Vorstellung, nur für einen Olympiastart auch in Zahal dienen zu müssen. Jacob Davis aus Weyland wäre dazu bereit. »Ich habe bestimmt kein olympisches Niveau. Aber das wäre eine gute Gelegenheit, mein Spiel deutlich zu verbessern.«