Drusen

Brüder im Leben und im Tod

Die kleine Gemeinschaft in Israel sieht sich als engste Verbündete der Juden

von Sabine Brandes  21.12.2023 07:41 Uhr

Stolzes Miteinander im Hightech Empowerment Center in Isfiya Foto: Sabine Brandes

Die kleine Gemeinschaft in Israel sieht sich als engste Verbündete der Juden

von Sabine Brandes  21.12.2023 07:41 Uhr

Sie leben in Dörfern in den sanften Hügeln Galiläas: die Drusen in Israel. »In Harmonie mit all unseren Nachbarn.« Das ist dem Bürgermeister von Isfiya, Bahij Mansour, wichtig zu betonen. »Wir mögen ein friedvolles Leben.« Doch Frieden gibt es dieser Tage nicht. Israel ist im Krieg, und die Drusen sind mittendrin. »Wir sind Teil der Militärkampagne gegen die Hamas und geben unser Leben, um das Land zu beschützen«, so Mansour. »Juden und Drusen sind Brüder – im Leben und im Tod.«

Die drusische Gemeinschaft hebt sich von der allgemeinen arabischen Bevölkerung durch ihre vollständige Loyalität gegenüber dem jüdischen Staat ab. Drusische Männer sind die einzigen Araber, die von der IDF eingezogen werden und Pflichtdienst leisten. Viele erreichen hohe Positionen, Hunderte sind in den Kriegen für Israel gestorben. Der Bürgermeister lässt keinen Zweifel offen: »Wir sind israelische Drusen, eine besondere Minderheit, die zu 100 Prozent zu Israel und der IDF stehen.«

Zu den Todesopfern des aktuellen Krieges zählen Alim Abdallah, der getötet wurde, als Terroristen die israelisch-libanesische Grenze überquerten, und Salman Habaka. Er war als einer der Ersten am 7. Oktober im Kibbuz Be’eri, wo er viele Leben rettete. Kurz darauf fiel er bei Kämpfen mit der Hamas im nördlichen Gazastreifen. Während Habaka seine Panzereinheit angeführt habe, deckte er gleichzeitig die Golani-Soldaten, bevor er getötet wurde, teilte die IDF mit. Habaka hinterlässt eine Frau und ein zweijähriges Kind. Beide Männer waren Oberstleutnants, eine Stellung, die nur fünf Ränge unter dem des Stabschefs liegt.

In Israel leben rund 150.000 Drusen

In Israel leben rund 150.000 Drusen, das macht eineinhalb Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Ihre Beteiligung an den Sicherheitsdiensten ist unverhältnismäßig groß: 20 Prozent aller Beschäftigten in israelischen Gefängnissen und 6,5 Prozent der Polizisten sind Drusen. 90 Prozent ihrer Männer dienen in der Armee, viele junge Frauen absolvieren ein soziales Jahr. Allerdings gibt es bislang nur eine Soldatin.

In den Dörfern weht ihre eigene Flagge in Rot, Gelb, Blau, Weiß und Grün. Die Farben stehen für die fünf Propheten. Daneben weht stets die blau-weiße Fahne Israels. »Ambitionen auf einen eigenen Staat haben wir nicht«, betont Mansour.

Drusen gibt es nicht nur in Israel. Sie sind in der ganzen Welt verteilt. Große Gemeinden leben in Syrien und im Libanon. So loyal die Gemeinden zu den Ländern sind, in denen sie leben, Assimilation ist kein Teil davon. »Drusen heiraten Drusen.«

Bürgermeister Mansour bestätigt, dass Israel den Drusen zwar alle Pflichten auferlegt, aber nicht alle Rechte zugesteht. Grund dafür ist das Nationalstaatsgesetz von 2018. Damals erklärte eine rechtsgerichtete Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu das Land zum »Nationalstaat des jüdischen Volkes«. Viele Minderheitengemeinschaften und auch viele jüdische Israelis sehen es als diskriminierend an. Koftan Halabi, Gründer und Direktor der Vereinigung drusischer Veteranen, meint: »Vielen Dank für den Applaus für unsere Opfer während des Krieges. Wird nun auch das Nationalstaatsgesetz aufgehoben, damit wir nicht nur für unser Land sterben, sondern auch in Würde darin leben können?«

»Die Hamas besiegen und die Geiseln befreien«

Dennoch betonen alle, die darüber sprechen, dass es jetzt die Hauptsache sei, sich auf den Krieg zu konzentrieren und strittige Themen erst einmal zu verschieben. »Zuerst müssen wir die Hamas besiegen und die Geiseln befreien«, stellt Mansour klar. »Hamas ist eine Bedrohung für Israel, den Nahen Osten und die gesamte Welt.«

Im ersten drusischen Hightech Empowerment Center in Isfiya steht ein Aufsteller. Darauf zu sehen sind zwei junge Männer in Armeeuniform, eingehüllt in die Flaggen: links die israelische, rechts die drusische. »Drusen und Juden stehen zusammen«, steht darüber. Neben den Schulungsräumen für Hightech gibt es seit Kriegsbeginn einen »war room«. Drusische Freiwillige kämpfen täglich hinter Bildschirmen gegen Fake News in arabischen Medien.

Eine von ihnen ist Nathalie Halaby, die in ihrer Freizeit »Hasbara« für den israelischen Staat auf Arabisch macht. »Ich sehe es als meine Aufgabe, mich für mein Land einzusetzen.«

Einige Kilometer von Isfiya entfernt, steht der Forscher für drusische Geschichte, Jaber Aburukun, auf dem Militärfriedhof von Daliyat-al-Carmel und zeigt auf die Gräber seiner Angehörigen. Die ersten sind aus dem Jahr 1938. »Da kämpften meine Vorfahren mit den Juden gegen arabische Banden.« Allerdings würden Drusen nicht oft auf den Friedhof gehen, schränkt er ein. »Eigentlich gar nicht, denn wir haben kein Interesse an Knochen. Stattdessen glauben wir an Seelen und die Wiedergeburt.« Einmal im Jahr aber kommen sie alle: am Jom Hasikaron, dem Gedenktag für die Soldaten, die im Einsatz für Israel gefallen sind.

Drusen wollen nicht nur für ihr Land sterben, sondern auch in Würde darin leben.

Salha Sliman Sabik ist eine religiöse Frau. Ihr Kopf ist mit dem traditionellen weißen Kopftuch bedeckt. Sabik glaubt nicht nur an Gott und die Propheten, sondern auch an Bildung. Alle drei Töchter sind Lehrerinnen für Mathematik oder Computerwissenschaften. Die beiden Söhne dienen in der Armee. »Drusische Soldaten sind sehr stark«, sagt sie. 1956 wurde beschlossen, dass Drusen in der IDF dienen. »Zwar war die Allianz geboren, doch Drusen waren lange in einer separaten Einheit. Aber sie wollten gemeinsam mit Juden kämpfen.« 2015 wurde die Trennung aufgehoben, seitdem sind Drusen integraler Teil aller Armee-Einheiten.

Sabik hofft inständig, dass ihre Söhne gesund aus dem Krieg zurückkehren, »zusammen mit allen anderen israelischen Soldaten«. Dass sie, wie viele andere aus der Gemeinde, für die Soldaten kocht und Spenden sammelt, hält sie für selbstverständlich. »Sie alle sind wie meine Söhne.« Manche hätten ihr erzählt, dass sie die Armee gebeten haben, kein Essen mehr zu liefern, erzählt sie voller Stolz. »Sie wollen nur noch die drusischen Speisen.«

Essen hat in der Gemeinschaft einen hohen Stellenwert. Habaka, der in Gaza gefallen ist, habe vor seinem Einsatz im Gazastreifen ein Barbecue für Hunderte von Soldaten veranstaltet, erinnert Bürgermeister Mansour an den hoch angesehenen Mann. Die drusische Küche ist bekannt für ihre Köstlichkeiten aus Reis, Weinblättern und Linsen, die täglich an IDF-Einheiten gehen. Sabik und Mansour schauen sich an und schmunzeln: »Wir füttern unsere Soldaten fett.«

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