Jerusalem

Bringt Bennett die Wende bei Wahlen?

Der einstige Premierminister Naftali Bennett (links) mit seinem damaligen Außenminister Jair Lapid bei der Pressekonferenz Foto: Flash90

Noch hat Naftali Bennett nicht offiziell verkündet, dass er wieder in die israelische Politik zurückkehrt. Und doch wird seine Teilnahme in Prognosen hineingerechnet. Eine repräsentative Umfrage in der Tageszeitung Maariv zeigte am Wochenende, dass eine von Bennett geführte Partei die stärkste in der Knesset wäre. Gesetz dem Fall, dass heute gewählt würde.

Die Umfrage wurde von Lazar Research unter der Leitung von Menachem Lazar in Zusammenarbeit mit Panel4All durchgeführt.

Netanjahu würde Regierungsmehrheit verlieren

Auf die Frage »Wenn heute Neuwahlen zur Knesset stattfinden würden, wem gäben Sie Ihre Stimme?«, antworteten die Befragten wie folgt: Likud 22 Mandate (22 in der vorherigen Umfrage), Israel Beiteinu 17 (18), Demokraten 17 (16), Bündnis Nationale Einheit 15 (15), Jesch Atid 11 (12), Otzma Jehudit 11 (10), Shas 10 (10), Vereintes Tora-Judentum 7 (7), Hadash-Ta’al 5 (5), Ra’am 5 (5). Die arabische Partei Balad, der Religiöse Zionismus und die Neue Hoffnung könnten demzufolge die 3,5-Prozenthürde nicht überqueren.

Ein rechtsreligiöser Block, wie er momentan die Koalition in Jerusalem unter der Führung von Premierminister Benjamin Netanjahu stellt, wäre demnach nicht mehr möglich. Die Parteien Likud, Otzma Jehudit, Schas und Vereinigtes Tora-Judentum kämen zusammen lediglich auf 50 Mandate. Um eine Regierung zu stellen, müssten allerdings mindestens 61 der 120 Sitze zählenden Knesset eingeholt werden.

Doch auch eine Mitte-Links-Regierung würde nicht erreicht. Zwar kämen Israel Beiteinu, Demokraten, Bündnis Nationale Einheit und Jesch Atid auf mehr Sitze, eine Regierungsbildung wäre mit 60 dennoch knapp verfehlt.

Bennett würde Netanjahu überholen

Dieses Bild würde sich jedoch ändern, wenn Bennett tatsächlich seinen Hut in den Ring wirft. Im Juni 2021 gründete er die Einheitsregierung, mit acht Parteien die größte in Israels Geschichte – inklusive der arabischen Partei Ra’am. Bennett kam auf den Premiersessel, den er sich gemeinsam mit Jair Lapid von Jesch Atid teilte.

Auf die zweite Frage der Umfrage: »Wenn bei den nächsten Knessetwahlen eine neue Partei unter Führung von Bennett antreten würde (die anderen Parteien blieben unverändert), welche Partei würden Sie wählen?«, sagten: Bennett 29, Likud 19 (18), Demokraten 11 (10), Israel Beiteinu 10 (11), Otzma Yehudit 10 (10), Shas 9 (9), Jesch Atid 8 (8), Bündnis Nationale Einheit 7 (8), Vereintes Torajudentum 7 (7), Hadash-Ta’al 5 (5), Ra’am 5 (5). Auch hier überschreiten Balad, Religiöser Zionismus und Neue Hoffnung die Schwelle nicht.

Wenn der rechtsgerichtete Bennett mit der Linkspartei Demokraten koalieren würde, käme ein Mitte-Links-Block in diesem Szenario auf 65 und hätte damit mehr als die Hälfte der Sitze. Ohne die Demokraten jedoch ginge es nicht.

Am Samstag äußerte sich Bennett öffentlich und warf Premierminister Benjamin Netanjahu vor, seine Politik, »die Rekrutierung Ultraorthodoxer in die IDF zu verhindern, halte Israel in einer Pattsituation mit der Hamas im Gazastreifen«.

Bennet: Stagnation in Gaza Folge der Regierungspolitik

»Die Stagnation im Gazastreifen ist eine direkte Folge der Regierungspolitik, die den israelischen Streitkräften das wichtigste Werkzeug für den Sieg vorenthält: Kämpfer«, schrieb Bennett auf X. Ob er damit seine Rückkehr auf das politische Parkett in Jerusalem einleitete, teilte er nicht mit.

Derzeit sind etwa 70.000 junge charedische Männer zwischen 18 und 24 Jahren wehrpflichtig, leisten aber keinen Militärdienst. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Juni hat die IDF seit Juli 2024 in mehreren Wellen knapp 19.000 erste Einberufungsbefehle an Mitglieder der streng religiösen Gemeinden verschickt. Nach Angaben der IDF haben sich jedoch nur 232 der Einberufungsempfänger gemeldet, 57 davon in Kampfrollen.

Jenen, die sich weigern, drohen keine Konsequenzen, weil sie den Schutz der rechtsreligiösen Koalition genießen. Währenddessen leisten Reservisten bereits Hunderte von Tagen Dienst in Kampfeinheiten während des Krieges ab.

Bennett kritisierte auch die Koalitionsminister scharf und warf den meisten von ihnen vor, »noch nie eine Waffe in der Hand gehalten zu haben aber bombastische Erklärungen abzugeben, mit denen sie die vollständige Eroberung Gazas fordern«. Netanjahus Koalition umfasst ultraorthodoxe und rechtsextreme Parteien, deren Anführer entweder gar nicht oder nur für kurze Zeit in nicht-kämpfenden Rollen gedient haben.

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