Am Donnerstagabend hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eine Bodenoffensive angeordnet. In einer Presseerklärung hieß es, man wolle »die unterirdischen Tunnel zerstören, die in israelisches Gebiet führen«.
»Wir wissen, dass Hamas-Terroristen unterirdisch agieren, und dort werden wir sie treffen«, hieß es über den Twitter-Account der israelischen Armee. Am späten Abend sagte Armeesprecher Moti Almoz, dass Bodentruppen in großer Zahl im Gazastreifen operieren würden. Unterdessen wurden weitere 18.000 Reservisten einberufen.
Ferner hieß es aus Armeekreisen, dass israelische Truppen bislang zwei Kilometer tief in das Gebiet des Gazastreifens eingedrungen seien. Man rechne damit, dass die derzeitige Bodenoffensive etwa eine bis zwei Wochen dauern werde. Die Online-Zeitung »Times of Israel« zitiert anonyme Bewohner des Gazastreifens, die versichern, die israelische Armee würde dicht besiedelte Gebiete in Gaza meiden und damit Zivilisten schonen.
Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte indes bereits an, dass die Bodenoffensive demnächst ausgeweitet werde. Eine entsprechende Anweisung hätten er und Verteidigungsminister Mosche Yaalon der Armeespitze gegeben, verlautbarte Netanjahu heute Mittag in Tel Aviv. »Wir haben sämtliche anderen Möglichkeiten ausgeschöpft«, so der Premier. »Es gibt keine Garantie für einen hunderprozentigen Erfolg, aber wir tun alles, was wir können, um das Bestmögliche zu erreichen.« Er fügte noch hinzu: »Für den Tod unbeteiligter Zivilisten ist ganz allein die Hamas verantwortlich, die diese Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht.«
Beisetzung Am Sonntagnachmittag soll Eitan Barak auf dem Soldatenfriedhof in Herzlija beigesetzt werden. Der 20-jährige Unteroffizier war der erste israelische Soldat, der während der aktuellen Gaza-Offensive gefallen ist. Unterdessen sind bei der Militäraktion vier weitere Soldaten ums Leben gekommen.
Die Entscheidung für die Bodenoffensive wurde getroffen, nachdem eine geplante Feuerpause von der Hamas abgelehnt worden war. Noch am Mittwoch hatte es geheißen, Israel und die Hamas hätten sich in Ägypten auf einen umfassenden Waffenstillstand geeinigt, der Donnerstagfrüh um sechs Uhr in Kraft treten solle. Hamas und Islamischer Dschihad hatten diese Meldung umgehend dementiert; trotz Fortschritten in den Verhandlungen sei ein Waffenstillstand mit Israel in weiter Ferne.
Am frühen Donnerstagmorgen war von der neu ausgehandelten Feuerpause zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas in Gaza nichts zu spüren. In der Region Gush Dan um Tel Aviv und weiter nördlich sowie im Süden des Landes ertönten die Sirenen. In der Eshkol-Region fiel nach einem Raketeneinschlag um 10.08 Uhr in einem Umspannwerk der Strom aus.
Ab 10 Uhr Ortszeit sollten die Waffen dann fünf Stunden lang schweigen. Allerdings gab es um 11.59 Uhr Ortzeit in der Region Eschkol erneut Alarm. Dem Vorschlag der UN zur Waffenruhe hatten Stunden zuvor beide Seiten zugestimmt. Die Zeit soll vor allem den Menschen in Gaza dazu dienen, sich Lebensmittel und Wasser zu besorgen und sich gegebenenfalls medizinisch behandeln zu lassen. Das Internationale Rote Kreuz kritisierte die Zeit als zu kurz, um sinnvolle Hilfen zu bieten. Nach Ablauf der Frist um 15 Uhr nahm die Hamas ihre Raketenangriffe auf Israel umgehend wieder auf.
Verhandlungen Inzwischen sollen Delegationen aus Israel, von der Hamas, aus Katar sowie aus der Türkei in Ägypten eingetroffen sein, um die Waffenstillstandsverhandlungen fortzusetzen, berichtet Yedioth Ahronoth. Die Zeitung wertet dies als das bislang stärkste Zeichen für ernsthafte Verhandlungen.
Am Dienstag war ein Vorschlag Ägyptens von der Hamas abgelehnt worden. Aus den USA kam das Angebot, Ägypten in seiner Mission mit allen zur Verfügung stehenden diplomatischen Hilfsmitteln zu unterstützen. Auf israelischer Seite, so die Zeitung, leite ein Vertreter des Shin Bet die Gespräche. Die Parteien säßen in verschiedenen Räumen und würden mithilfe eines Mediators verhandeln, hieß es.
Tunnel Inzwischen geraten die unterirdischen Tunnel, die überall in Gaza gegraben wurden, immer mehr zur Gefahr. So konnte die israelische Armee am Donnerstagmorgen gegen 4.30 Uhr Ortszeit gerade noch verhindern, dass 13 Terroristen durch einen Tunnel nach Kerem Shalom gelangen. Medienberichten zufolge hatte die IDF den Tunnel zwar schon lokalisiert und konnte die Angreifer zurückschlagen, aber es wird befürchtet, dass es noch viele weitere solcher Tunnel gibt.
Ein Augenzeuge berichtete, dass die Armee mit schwerem Gerät am Boden und in der Luft die Gegend absuchte. »Erst um sechs Uhr durften wir unsere Häuser verlassen. Ich habe meine Frau und mein Kind jetzt von hier weggeschickt«, sagte der Mann.
Am Mittwoch hatte die IDF rund 130 Ziele in Gaza angegriffen, darunter Häuser von führenden Hamas-Mitgliedern. Insgesamt sollen im Gazastreifen bisher 222 Menschen gestorben sein, in Israel starb am ein Mann durch einen Angriff der Hamas, ein Mädchen aus einer Beduinenfamilie wurde schwer verletzt.
Inzwischen ist bekannt geworden, dass Israel innerhalb kürzester Zeit drei neue Stützpunkte des Raketenabwehersystems »Iron Dome« bekommen wird. Wie es aus Militärkreisen hieß, sollen die USA das Geld dafür bewilligt haben. Auch die bisherigen Einrichtungen hat Israel mit großzügiger Unterstützung der USA finanziert. Die Erfolgsquote des Abwehrsystems liegt inzwischen bei fast 90 Prozent.