Der Chef der Zentrumsunion Blau-Weiß, Benny Gantz, hat vergangene Woche in Gesprächen verbracht. Er traf sich mit verschiedenen Parteien, um über eine Koalition zu verhandeln. Einen Durchbruch aber gab es nicht. Und so existiert mehr als sechs Wochen nach den Wahlen in Jerusalem noch immer keine funktionierende Regierung.
Gantz warnte, dass die Aussagen des Interimspremierministers Benjamin Netanjahu darauf hinwiesen, dass dieser die Koalitionsgespräche absichtlich ins Leere laufen lässt und es auf Neuwahlen – es wären die dritten innerhalb eines Jahres – abgesehen hat. Netanjahu hatte die Justizbehörden und Presse in den vergangenen Tagen scharf kritisiert und wiederholt betont, die Korruptionsvorwürfe gegen ihn seien eine »Hexenjagd«.
kundgebung »Während wir versuchen, die Führung des Staates wieder einzurichten, die Armee, Justiz und freie Presse zu stärken, spricht sich Netanjahu, der für all diese Bereiche verantwortlich ist, dreist gegen sie aus. Das ist unverantwortlich«, ließ Gantz auf einer Kundgebung in Tel Aviv wissen. Der von Netanjahu eingesetzte Justizminister Amir Ohana hatte den Ermittlern kurz zuvor vorgeworfen, eine »blinde Verfolgung von öffentlich Bediensteten zu betreiben«.
»Dieser Mangel an Zurückhaltung und die Weigerung, sogar grundlegende Prinzipien zu besprechen, deuten darauf hin, dass er Neuwahlen im Visier hat«, fasste Gantz zusammen. Netanjahu beharrt nach wie vor darauf, eine Koalition mit den religiösen und rechten Parteien zu bilden, die er anführen will. Blau-Weiß hatte beide Forderungen bereits im Wahlkampf ausgeschlossen.
Am Donnerstag hatte sich Gantz mit den Chefs der Vereinten Arabischen Liste, Ayman Odeh und Ahmad Tibi, getroffen, um die Möglichkeit der arabischen Unterstützung einer Minderheitenregierung zu diskutieren. Es habe eine positive Atmosphäre geherrscht, gaben beide Seiten im Anschluss an. »Es wurde über Themen der arabischen Gemeinde, vor allem zivile Angelegenheiten, gesprochen.«
minderheitsregierung Dies habe jedoch nichts mit einer Regierungsbeteiligung zu tun gehabt. Avigdor Lieberman von Israel Beiteinu sprach sich gegen eine derartige Minderheitenregierung aus: »Wir haben immer klargemacht, dass es nur eine Möglichkeit gibt: eine Einheitsregierung.« Mehr habe er dazu nicht zu sagen.
Wie Netanjahu zuvor hat auch Gantz insgesamt 28 Tage Zeit, um eine Koalition auf die Beine zu stellen. Seine Frist läuft am 20. November ab. Anschließend hätte theoretisch jeder Knessetabgeordnete die Möglichkeit, sich daran zu versuchen, eine Regierung zu bilden. Jedoch wurde in Israels Geschichte auf diese Weise noch nie eine geschaffen. Wäre das auch dieses Mal wieder der Fall, gäbe es keine Alternative mehr. Und die Israelis müssten wieder einmal an die Urnen gehen.