Nur wenige Stunden, nachdem am Donnerstag vorvergangener Woche der israelische Schulbus von einer Rakete aus Gaza getroffen worden war, kamen schon die Mails: »Konferenzschaltung mit dem Vorsitzenden des Gemeinderates von Scha’ar Hanegev. Wählen Sie sich ein.« Kurze Zeit später lud das Pressebüro der Regierung die ausländischen Medien zum gemeinsamen Telefonat mit dem Bildungsminister. PR-Offensive im Staate Israel. Als Gegenmittel zu Negativ-Schlagzeilen im Ausland setzt Jerusalem in letzter Zeit verstärkt auf die Macht der neuen Medien.
Spätestens seit der Revolution in Ägypten lässt sich der schier unbegrenzte Einfluss von Facebook und Co. nicht mehr leugnen. Auf diesen Zug will nun auch die israelische Regierung aufspringen und mit permanenter Präsenz im Internet ein positiveres Bild von Israel zeichnen. So twittert und bloggt es mittlerweile aus dem Büro des Ministerpräsidenten, verschiedener Ab-teilungen der Armee und diverser Ministerien.
Immer mehr Regierungsstellen bedienen sich der Hilfe von Facebook und Flickr, senden rund um die Uhr SMS und E-Mails, um ihre Sicht der Dinge zu transportieren. Vor allem Journalisten aus anderen Ländern sollen auf diese Weise Informationen erhalten und weitergeben. Außenminister Avigdor Lieberman heuerte zudem europäische PR-Firmen an, die eine professionelle Kampagne im Sinne Israels starten sollen.
Itamar Es war alles andere als eine gute Nachricht, dennoch dauerte es nicht lange, bis die grauenvollen Bilder des Massakers an der Familie Fogel in der Siedlung Itamar vor allem an ausländische Medien verschickt wurden. Ein für Israel äußerst unübliches Vorgehen. Zwar gibt es Ausnahmen, wie etwa bei den Lynchmorden an zwei Armeereservisten durch Palästinenser im Jahr 2000. Generell jedoch werden Tatorte, etwa nach Terroranschlägen, erst für Fotos freigegeben, wenn die Toten und Verwundeten abtransportiert sind.
Warum nach dem Attentat von Itamar eine Ausnahme gemacht wurde, erklärte der Minister für Diasporaangelegenheiten, Yuli Edelstein, so: »Nur diese entsetzlichen Bilder können der Welt zeigen, womit Israel es hier zu tun hat. Alle Grenzen sind überschritten worden, da mussten wir einfach auf außergewöhnliche Weise reagieren.«
Schon fast Popstar-Status hat das Profil von Benjamin Netanjahu bei Facebook. Tausenden von Leuten »gefällt das«. Als Premierminister von Israel postet er – oder besser sein PR-Team – am laufenden Band Nachrichten auf Hebräisch, Englisch und Arabisch an die Pinnwand, veröffentlicht Fotos vom Händeschütteln mit sämtlichen Staatsoberhäuptern der Welt und sammelt »Freunde« aus aller Herren Länder. Er selbst meint dazu, dass die sozialen Netzwerke für die Öffentlichkeitsarbeit des Landes heute von größter Bedeutung seien.
Vor einigen Tagen trat der Regierungschef sogar live bei youtube auf. Die einstündige Fragestunde war bislang der Höhepunkt dieser Medien-Offensive. »Seien Sie heute Abend dabei, wenn ich Ihre Fragen auf youtube beantworte«, twitterte der Premier kurz vor seinem Auftritt im Videokanal. Der mediale Vorstoß im Internet unterstreicht für viele jedoch auch Netanjahus zwiespältiges Verhältnis zu den traditionellen Medien wie Zeitung und Fernsehen, die er oft als »feindlich gesinnt« bezeichnet.
Die israelische Medienvereinigung kritisiert nun, dass Netanjahu kaum reguläre Pressekonferenzen gibt und Fragen beantwortet. Nach der Ausstrahlung machte sein Pressebüro klar, dass er auf diese Weise nicht die anderen Medien umgehen wolle, sondern die Wichtigkeit des Internets in der modernen Welt anerkenne. »Es lässt den Ministerpräsidenten ohne Filter zu den Menschen sprechen«, betonte Regierungssprecher Mark Regev.
Medienprogramm Die Luftwaffe Israels (IAF) hat ihr »internationales Medienprogramm«, wie sie es selbst nennt, Anfang März ins Leben gerufen. Neben einer ständig aktualisierten Website gibt es einen Facebook- und Twitteraccount auf Englisch. »Wir glauben, dass wir eine Menge Dinge haben, die wir der Welt mitteilen sollten: wer wir sind, was wir tun sowie unseren Anteil an humanitären Einsätzen überall«, teilte Sprecher Assaf Librati mit. Die Seiten werden von 20 Mitarbeitern, darunter Redakteure, Video- und Fotografen, auf den neuesten Stand gebracht.
Bereits seit 2010 ist die IAF mit einer hebräischen Website und Facebook-Mitgliedschaft im Internet präsent. Doch für die internationale Gemeinschaft soll es noch professioneller werden. Stephan Miller will dafür sorgen. Er ist ein echter Profi: Der Neueinwanderer, der zuvor in den USA als Politik- und Kommunikationsberater tätig war, arbeitete vor seinem Armeedienst als Kontaktperson für ausländische Medien im Büro des Jerusalemer Bürgermeisters Nir Barkat.
Miller versteht, worum es geht: »Gespräche über Israel sowie Operationen und Möglichkeiten der IAF sind heutzutage nicht mehr nur auf die traditionellen Medien beschränkt. Die Luftwaffe versteht die Notwendigkeit, sich an Online-Diskussionen zu beteiligen und diese zu beeinflussen. Wir können unsere Botschaft auf diese Weise an Menschen überall bringen«. Seine Arbeit macht ihn stolz: »Ich weiß, dass ich so dazu beitragen kann, der Air Force und dem Staat Israel zu helfen, besser mit der internationalen Gemeinschaft zu kommunizieren.«