Die Mitglieder der Delegation fühlten sich beim Eintritt in das Beit Hashanti in Tel Aviv symbolisch umarmt. Wasser, leuchtende Farben und eine einladende Atmosphäre sollen in dem Heim für gefährdete Jugendliche ein Gefühl der Sicherheit und des Schutzes erzeugen. Das »Shanti-Haus« war eine Station auf der Reise der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus nach Israel und in die Palästinensischen Autonomiegebiete.
Dort gab es drei Tage volles Programm. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Reise trafen den neuen deutschen Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, sprachen mit Politikern über die Wohlfahrtssysteme der beiden Länder, die sozialen Dienste in Israel, Chancengleichheit sowie Armutsbekämpfung – und wurden von Präsident Isaac Herzog in Jerusalem empfangen. »Das war natürlich der Höhepunkt dieser Reise«, meint der Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Aron Schuster. Die Delegation der BAGFW bestand aus zwölf Personen, darunter BAGFW-Präsident Ulrich Lilie und ZWST-Präsident Abraham Lehrer.
spitzenverbände Die BAGFW besteht aus den sechs Spitzen der Wohlfahrtsverbände in Deutschland: der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Caritasverband, dem Paritätischen Gesamtverband, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), der Diakonie Deutschland und der ZWST. Die Fahrt in die palästinensischen Gebiete wurde vom Roten Halbmond, der Schwesterorganisation des DRK, organisiert.
Für Paus war es die erste Visite in Israel und ihre erste Auslandsreise als Ministerin. »Und das ist durchaus eine Botschaft«, ließ die Grünen-Politikerin wissen. Zusammen mit der Delegation besuchte sie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Lilie bezeichnete diesen Abschnitt der Reise als einen »besonderen Höhepunkt«. Gemeinsam mit der Ministerin habe er »die Ehre gehabt, nach einer uns alle tief beeindruckenden und erschütternden Führung einen Kranz in der Gedenkhalle für die Opfer der Schoa niederzulegen und eine Rede zu halten«.
Ministerin Paus hatte auch eine Erklärung zu einem gemeinsamen Jugendwerk zwischen Deutschland und Israel im Gepäck, die sie mit der israelischen Bildungsministerin Yifat Shasha-Biton unterzeichnete. Schuster freut sich auf die Umsetzung dieses Projektes, das bereits lange in Planung ist.
»Obwohl die Verständigung zwischen unseren beiden Ländern mittlerweile bestens funktioniert, war der Besuch ein unumstößliches Bekenntnis zu den einzigartigen Beziehungen.«
Aron Schuster
Ein wichtiger Aspekt sei diesbezüglich der Aufbau des Jugendwerks, für das mit dem Deutsch-Israelischen Jugendaustausch und der Gründung des Deutsch-Israelischen Freiwilligendienstes in Trägerschaft der ZWST bereits in den vergangenen Jahren ein elementarer Grundstein gelegt worden ist, so Aron Schuster.
emotionen Die Mitglieder der Delegation zeigten sich bewegt von den Besuchen verschiedener Wohlfahrtseinrichtungen Israels, zum Beispiel im Eliyah Center, der Vereinigung für blinde und sehbehinderte Kinder in Kfar Maccabiah. »Ein Vater erzählte uns von seinen persönlichen Erfahrungen vom Leben mit einem sehbehinderten Kind und der frühen Förderung durch Eliyah. Das war ein ganz besonders emotionaler Besuch«, so Schuster.
Bei den Treffen mit Politikern standen Fachthemen auf der Tagesordnung, etwa mit der Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Wohlfahrtspflege der Knesset, Efrat Rayten. Hier ging es unter anderem um Minderheitenschutz, Prävention häuslicher Gewalt und Armutsbekämpfung. Mit Wohlfahrtsminister Meir Cohen unterhielt man sich über die aktuelle soziale Lage in Israel.
»Im Vordergrund stand das Thema der Chancengleichheit, das auch in Deutschland von großer Relevanz ist. Und natürlich ging es um die aktuellen Probleme wie steigende Lebenshaltungskosten und hohe Energiekosten, ein Problem sowohl in Israel als auch bei uns. Fakt ist: Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer – hier und dort«, so Schuster. Ein weiteres Anliegen sei der Fachkräftemangel im sozialen und Gesundheitsbereich, unter dem beide Nationen leiden. »Beide Länder bemühen sich sichtlich, dies in den Griff zu bekommen.«
ziel Drei Jahrzehnte ist es her, dass eine Delegation der Spitzenverbände zum ersten Mal nach Israel reiste. »Damals war es noch nicht so wie heute«, weiß Schuster. »Jetzt ist so vieles unkomplizierter zwischen unseren Ländern.« Mittlerweile geht es alle drei bis vier Jahre auf Reisen. Dabei seien »der Austausch und das Voneinander-Lernen« erklärtes Ziel. »Es gibt so viele Dinge, die man vom anderen abschauen und dann besser machen kann.«
Ministerin Paus hatte auch eine Erklärung zu einem gemeinsamen Jugendwerk im Gepäck.
Beeindruckt waren die Besucher von der Zentrale des Rettungsdienstes Magen David Adom. »Es wurde deutlich, wie innovativ Israel bei der Digitalisierung und unbürokratischen Lösungsfindung ist. Das war unter anderem auch bei den schnellen Impfungen während der Corona-Pandemie der Schlüssel zum Erfolg.«
Einen Schlüssel überreicht bekamen die Delegationsteilnehmer auch am Ausgang des Beit Hashanti. Für die Bewohner ist er Symbol des Lebens. Für die Gäste ein Zeichen, dass sie bald wiederkommen sollen.