In der Corona-Krise kursieren immer wieder neue Forderungen nach Maßnahmen zur Eindämmung. Auch ein kurios anmutender Vorschlag macht im Januar 2022 auf Facebook (archiviert) die Runde - angeblich »frisch aus der Presse«: Ein Gesundheitsexperte fordere angeblich »dass alle Geimpften über die Wintermonate unter Quarantäne gestellt werden müssen oder eine schwere Erkrankung riskieren«. Die vermeintliche Begründung: Geimpfte Menschen würden zum Beispiel in Israel einen großen Teil der Krankenhausbetten belegen. Stimmt das?
Bewertung
Die Informationen sind erstens nicht aktuell und zweitens irreführend. Es handelt sich um die Übersetzung eines englischsprachigen Blogeintrags aus dem August 2021. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits sehr viele Menschen in Israel geimpft, damit stieg auch der Anteil geimpfter Menschen unter Krankenhauspatienten. Zudem lag die Impfung bei vielen schon viele Monate zurück.
Fakten
In dem Beitrag auf Facebook wird ein französischer Arzt zitiert, der wiederholt durch das Verbreiten von Falschinformationen über Covid-19 und zum Beispiel angebliche alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgefallen ist. Der Text ist jedoch nicht aktuell, sondern lediglich eine leicht fehlerhafte Übersetzung eines englischsprachigen Blogeintrags vom 17. August 2021. Darin fordert der Arzt, dass Geimpfte in Quarantäne sollten. Um aktuelle Forderungen »frisch aus der Presse« handelt es sich also nicht.
Zudem begründet der Arzt seine Forderung mit irreführenden Argumenten. So heißt es, in Israel beträfen die schweren Corona-Verläufe in Krankenhäusern vor allem Geimpfte. Im Text wird zudem ein israelischer Arzt genannt, der dazu einen Anteil von 95 Prozent nennt.
Tatsächlich ist in Israel in den Sommermonaten der Anteil der Geimpften an allen im Krankenhaus behandelten Corona-Patienten stark gestiegen, wie auch deutsche Medien berichteten. Eine Erklärung dafür ist aber, dass in dem Land, das früh hohe Impfquoten erzielt hatte, der Schutz nach zwei Impfungen zu diesem Zeitpunkt bereits bei vielen Menschen nachließ. Israel begann damals gerade als erstes Land weltweit mit Auffrischungsimpfungen.
Ein weiterer Hintergrund des Anteils der Geimpften in den israelischen Krankenhäusern ist ein statistischer Effekt. Je höher die generelle Impfquote ist, desto mehr Geimpfte sind auch - nach Impfdurchbrüchen zum Beispiel bei der sich damals ausbreitenden Delta-Variante - unter allen Infizierten und auch unter allen Hospitalisierten. Zudem spielen auch Risikofaktoren wie etwa ein hohes Alter trotz Impfung weiter eine Rolle bei Covid-19 und damit verbundenen Krankenhauseinweisungen. Insgesamt waren aber im vergangenen August deutlich weniger Israelis wegen Corona im Krankenhaus als während der Krankheitswellen vor und zu Beginn der Impfkampagne Anfang des Jahres 2021.
Die im Text genannte Zahl eines Anteils von 95 Prozent geimpften Corona-Patienten ist irreführend verkürzt. Es handelt sich nicht um eine auf ganz Israel bezogene Zahl, sondern um Schilderungen eines Arztes über dessen Krankenhaus. Im ungekürzten Interview, auf das das Zitat zurückgeht, verweist auch der Arzt auf den oben beschriebenen statistischen Effekt und zum Beispiel den Faktor Alter.
Anfang Januar 2022 deutet zum Beispiel an den vom Robert Koch-Institut (RKI) für Deutschland verzeichneten Fallzahlen nichts darauf hin, dass geimpfte Menschen hinsichtlich der Corona-Ausbreitung für andere gefährlicher als ungeimpfte sind. Die Inzidenzen zum Jahresende 2021 lagen demnach in allen Altersgruppen und sowohl bei symptomatischen als auch hospitalisierten Fällen in der Gruppe der Ungeimpften deutlich über den Inzidenzen der Geimpften.
Zwar führt die neu aufgetretene Omikron-Variante nach Einschätzung des RKI dazu, dass der Impfschutz generell abnimmt. Der Schutz vor schweren Verläufen ist demnach aber möglicherweise weniger stark beeinträchtigt als vor einer Infektion allgemein. Erste Studien deuten zudem darauf hin, dass Auffrischungsimpfungen den Schutz vor Omikron wieder erhöhen. dpa