Iran

»Belastende Dokumente«

Benjamin Netanjahu: »Ich sage Ihnen heute Abend, dass der Iran gelogen hat.« Foto: Flash 90

Guten Abend, heute zeigen wir Ihnen etwas, das die Welt noch nie gesehen hat.» An wen diese Worte gerichtet waren, war eindeutig. Auf Englisch präsentierte Premierminister Benjamin Netanjahu am Montagabend im Hauptquartier der Armee «die Lügen des Iran». 55.000 Seiten unbekanntes Material hatte der Mossad aus den Archiven des islamischen Landes gesammelt. Es würde beweisen, dass das Regime in Teheran ein falsches Spiel spiele und das Nuklearabkommen mit dem Land nicht hilfreich, sondern brandgefährlich sei.

Netanjahu konnte sicher sein, dass einer ihm ganz sicher aufmerksam zuhörte: US-Präsident Donald Trump. Denn der lässt gerade prüfen, ob die seiner Meinung nach groben Fehler in dem Werk korrigiert werden können oder nicht. Wenn nicht, will er sich aus dem Abkommen zurückziehen. Das wäre ganz im Sinne von Netanjahu.

Neben einem großen Bildschirm, auf dem in fetten Lettern prangte: «Iran lied» (der Iran hat gelogen), sagte der Regierungschef: «Wir enthüllen neue und schlüssige Beweise aus dem geheimen atomaren Archiv zu dem Nuklearwaffenprogramm, das der Iran seit Jahren vor der internationalen Gemeinde versteckt hält. Wir zeigen Ihnen die geheimen Dateien des iranischen Atomprogrammes.»

«Vielleicht wissen Sie», holte Netanjahu aus, «dass die iranischen Anführer stets bestritten haben, dass sie nach Atomwaffen streben. Wie das geistige Oberhaupt Ali Khamenei, Präsident Hassan Rohani oder Außenminister Javad Zarif, die behaupteten, nukleare Waffen hätten keinen Platz in der iranischen Gesellschaft und stünden im Gegensatz zu religiösen und ethischen Überzeugungen. Aber ich sage Ihnen heute Abend, dass der Iran gelogen hat.»

Geheimdienst Vor einigen Wochen hätten die israelischen Geheimdienste in den Katakomben des Atomarchivs in einer einzigartigen Aktion eine halbe Tonne Material sichergestellt. 55.000 Seiten und noch einmal so viele auf 183 CDs. Darunter seien «belastende Dokumente, belastende Diagramme, belastende Entwürfe, belastende Fotografien, belastende Videos und noch mehr».

Israel habe das Material den USA zur Verfügung gestellt, die jetzt bezeugen können, dass es echt sei. Man wolle es auch der IAEA übergeben. Ein Kolumnist der Zeitung «Israel Hayom», General a.D. Yaakov Amidror, meint: «Die Iraner sollten jetzt sehr vorsichtig sein, nachdem bekannt geworden ist, dass Israel die Fähigkeit hat, in die sensibelsten Orte in Teheran einzudringen.»

Man wisse seit Jahren, dass Teheran ein geheimes Nuklearwaffenprogramm mit Namen Amad habe. «Doch heute können wir belegen, dass Amad ein umfassendes Programm war, um Waffen zu bauen und zu testen. Wir können außerdem beweisen, dass der Iran die Unterlagen zu Amad versteckt hält, um zu gegebener Zeit Atomwaffen zu entwickeln. Es steht geschrieben: ›Design, Produktion und Test von fünf Sprengköpfen, jeder mit zehn Kilotonnen TNT für den Einsatz in einer Rakete‹. Das ist so, als würde man fünf Hiroshima-Bomben auf ballistische Raketen stecken. Man muss nicht einmal Persisch können, um das zu verstehen.»

bombe Doch der Iran lüge auch jetzt noch. Erst vergangene Woche habe Zarif betont, dass sie nie eine Bombe bauen wollten. «Doch wir sagen: Ja, ihr wolltet. Und: Ja, ihr wollt immer noch. Diese Unterlagen beweisen das.»

Während die regierungsnahe Gratiszeitung «Israel Hayom» titelte: «Netanjahu enthüllt Dokumente, die belegen, dass der Iran ganz gewaltig gelogen hat», meint die linksliberale «Haaretz», es sei weder im Sinne der USA noch Israels, aus dem Abkommen auszusteigen. Denn neue Sanktionen würden dadurch nicht automatisch verhängt. Stattdessen würde es sehr schwer werden, einen internationalen Konsens für ein Abkommen über iranische ballistische Raketen zu erreichen.

Armeechef Gadi Eizenkot hatte nur wenige Tage zuvor in Haaretz das Nuklearabkommen als «fehlerhaft, aber funktionierend» beschrieben. «Momentan können keine Verletzungen des Deals seitens des Iran festgestellt werden. Wir gehen aber davon aus, dass er geheim operieren kann. Daher behalten wir alles im Auge, das ist Aufgabe Nummer eins der Armee und der Geheimdienste. Doch derzeit funktioniert das Abkommen mit all seinen Fehlern und verzögert die Umsetzung der iranischen Nuklearvision um zehn bis 15 Jahre.»

Reaktionen US-Außenminister Mike Pompeo, der nach seinem Amtsantritt in Israel zu Besuch war, machte nach der Rede deutlich: «Das Nuklearabkommen von 2015 basiert auf den Lügen des Iran.» Die Europäische Union zeigte sich weniger aufgeregt. EU-Außenministerin Federica Mogherini sagte, sie könne aus Netanjahus Worten keine Verletzung des Abkommens seitens des Iran ablesen. «Dieser Deal wurde abgeschlossen, weil sich die Parteien nicht vertrauen. Sonst hätte es überhaupt keinen geben müssen.»

Von dem Nachrichtensender CNN darauf angesprochen, erwiderte Netanjahu, dass man sehr wohl neue Fakten präsentiere und beweise, dass das Abkommen «total fehlerhaft» sei. Der Nachrichtensprecher Chris Cuomo wollte von Netanjahu wissen, ob man denn das eigene Atomprogramm offenlegen werde. Schließlich verlange Jerusalem völlige Transparenz von anderen. Netanjahu machte klar, dass der Iran Israel ständig mit Vernichtung drohe, Israel jedoch niemanden vernichten wolle. Eine deutlichere Antwort werde er nicht geben.

In seiner im Fernsehen übertragenen Rede resümierte Netanjahu: «Dies ist ein schrecklicher Deal! Er hätte niemals abgeschlossen werden dürfen. Präsident Trump wird entscheiden, und ich bin sicher, er wird das Richtige tun. Das Richtige für die USA, für Israel und den Frieden in der Welt.» Mit freundlichen Grüßen nach Washington!

Nahost

USA: Gaza-Deal so nah »wie nie zuvor«

Washington gibt sich optimistisch: Eine Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die Freilassung von Geiseln stehe bevor. Der US-Außenminister sagt: Es liegt nun an der Hamas

von Julia Naue  14.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Gerhard Conrad

»Hamas ist ein Gegner, der nur in extremer Not einlenkt«

Der ehemalige Geisel-Unterhändler und BND-Agent über einen möglichen Deal zwischen Hamas und Israel und die Folgen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  14.01.2025

Israel

Ben Gvir: Geisel-Deal bedeutet Ende der Regierungskoalition

Der rechte Minister gibt zu, im vergangenen Jahr eine Waffenstillstandsvereinbarung mehrfach verhindert zu haben

 14.01.2025

Terror

Bericht: Hamas akzeptiert Entwurf für Geisel-Deal

Es müssten nur noch letzte Details geklärt werden, so ein israelischer Regierungsvertreter

 14.01.2025 Aktualisiert

Israel

Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen

Mehrere Menschen verletzten sich auf dem Weg zum Schutzraum

 14.01.2025

Washington D.C.

USA legen Nachkriegsplan für Gaza vor

Blinken will die Palästinensische Autonomiebehörde in eine Regierung einbeziehen. Israel lehnt dies ab, da auch sie den Terror unterstützt

 14.01.2025

Geisel-Deal

»Ein Schimmer der Hoffnung, aber wir bleiben vorsichtig«

In Doha sollen heute wohl letzte offene Fragen geklärt werden, während immer mehr Details über den möglichen Deal zwischen Israel und Hamas bekannt werden

 14.01.2025

7. Oktober

Einigung auf Geisel-Deal zum Greifen nahe 

Ein Drei-Stufen-Plan sieht Medien zufolge die Freilassung von Geiseln sowie palästinensischen Häftlingen vor. Das Weiße Haus gibt sich optimistisch, dass bald ein Deal stehen könnte

von Julia Naue  13.01.2025 Aktualisiert