Als seine Frau 2016 im Krankenhaus lag, nachdem sie das gemeinsame Kind geboren hatte, erklärte sich Bezalel Smotrich per Twitter. Sie hatte sich geweigert, mit einer Araberin ein Zimmer zu teilen. Er teilte mit, dass es »nur natürlich ist, wenn sie nicht mit jemandem im Raum liegen will, deren Baby in 20 Jahren vielleicht ihr Baby ermordet«.
Dieser Tweet von vor sieben Jahren verfolgt ihn bis heute. 2016 war Bezalel Smotrich Abgeordneter der rechtsextremen Partei Religiöser Zionismus. Er ist noch immer in derselben Partei, mittlerweile als Minister. Smotrich verwaltet die Finanzen für die Regierung in Jerusalem. In dieser Funktion blockiert er seit Monaten Hunderte Millionen Schekel, die für die arabische Gemeinde vorgesehen sind.
FÜNFJAHRESPLAN Im vergangenen Monat fror er etwa 300 Millionen Schekel, umgerechnet 75 Millionen Euro, ein, die für arabische Kommunalverwaltungen bestimmt waren. Zudem hält er einen weiteren Betrag von fast 750 Millionen Euro eines Fünfjahresplanes der ehemaligen Regierung zurück. Smotrichs Argument ist, dass das Geld möglicherweise in die Hände von Syndikaten der organisierten Kriminalität fällt.
Er sei nur vorsichtig und wolle die Verwendung genauestens überprüfen, argumentiert Smotrich.
Er sei nur vorsichtig und wolle die Verwendung genauestens überprüfen, damit kein Missbrauch geschehe, argumentiert er. Doch viele meinen, der wahre Grund der Weigerung sei ein anderer: Benny Gantz, Vorsitzender der Nationalen Einheitspartei, sagte, dass Smotrichs Entscheidung »einen Beigeschmack von Rassismus« habe.
Auch Oppositionsführer Yair Lapid warf Smotrich vor, seinen rechtsextremen Wählern nachzugeben. »Smotrich möchte einfach, dass seine Basis sieht, dass er so rassistisch bleibt, wie sie wollen. Ich schäme mich, dass Rassismus zur offiziellen Politik des Staates Israel geworden ist.«
In einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender Kan vor einigen Tagen behauptete Smotrich, Premierminister Benjamin Netanjahu unterstütze ihn bei seinem jüngsten »Projekt«, dem Einfrieren des Plans zur Förderung der akademischen Bildung für die Bewohner Ost-Jerusalems. Allerdings zitierte Kan im Anschluss eine ungenannte Quelle aus Netanjahus Umfeld: Der Ministerpräsident arbeite daran, Smotrich zu überzeugen, die Gelder zu überweisen. Denn Netanjahu vertraue dem Nationalen Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi, der die Förderung höherer Bildung in Ost-Jerusalem als Instrument zur Verringerung der Terrorgefahr sieht.
SCHADEN Laute Kritik an Smotrich kam in der vergangenen Woche auch aus dem Kabinett. Seine Haltung wurde als ungerechtfertigt bezeichnet, man warne vor dem langfristigen Schaden, den sie mit sich bringe. Der Minister für soziale Gleichstellung, Amichai Chikli, schickte einen Brief: »Es gibt keine Rechtfertigung oder Logik, Ausgleichszuschüsse zu verweigern, auf die sich die Behörden im Jahreshaushalt verlassen haben.«
Innenminister Moshe Arbel (Schas) warnte davor, dass die Verweigerung der Finanzierung arabischer Kommunen auf lange Sicht die Staatskassen viel mehr belasten würde. »Wir müssen zusammenarbeiten, um die Ungleichheit in der Gesellschaft zu verringern und die Bereitstellung angemessener kommunaler Dienstleistungen für alle Bürger in Israel, Juden und Araber, gleichermaßen zu ermöglichen«, hob er hervor.
Ähnlich äußerte sich die Likud-Abgeordnete Tally Gotliv: »Es ist inakzeptabel, Bürgern, egal wer sie sind, Schaden zuzufügen und ihr tägliches Leben lahmzulegen.« Sie erinnerte Smotrich zudem daran, »dass es unsere Pflicht ist, im Interesse aller Bürger zu handeln«. Der Hardline-Minister indes blieb unberührt und teilte mit, dass »die Entscheidung endgültig ist, der Haushalt wird nicht übertragen«. »Wenn wir echte Wege finden, den arabischen Bürgern Israels zu helfen, dann werden wir Geld überweisen, wo es nötig ist«, erklärte er zudem.
Währenddessen beklagten sich mehrere Beamte im Finanzministerium anonym bei Nachrichtenagenturen über Smotrichs Haltung. Einer gab an, dass es kaum Kontrolle über die riesigen Geldsummen gebe, die an ultraorthodoxe Kommunen überwiesen würden.
mechina 50 Millionen Euro sollten für die Vorbereitungsprogramme für arabische Studenten (Mechina), unter anderem an der Hebräischen Universität Jerusalem, überwiesen werden. Doch der Finanzminister gab an, den Plan zurückzuhalten, bis die Regierung sich mit angeblich »islamischen radikalen Zellen in israelischen Hochschulen und Universitäten« befasse. Beweise für die Existenz solch radikaler Zellen lieferte Smotrich keine.
Die Hebräische Universität veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die Kürzungen anprangerte.
»Die Finanzierung dieser Programme begann unter einer rechten Regierung«, konterte Bertold Fridlender, Leiter des Hadassah Academic College in Jerusalem, in einem Interview mit »Times of Israel«. Der Grund sei einfach: »Sie sind nichts weniger als ein strategischer, nationaler, sozialer und wirtschaftlicher Vermögenswert.« Die Behauptungen über eine radikalislamische Präsenz in israelischen akademischen Einrichtungen »sind absolut unwahr«.
feindschaft Die Hebräische Universität veröffentlichte außerdem eine Erklärung, in der sie die Kürzungen anprangerte und argumentierte, dass die Abschaffung der Mechina für Ost-Jerusalem »Hunderte junge Menschen in ein Leben voller Ungewissheit, Armut, Kriminalität und Terror verbanne und sie ohne die Möglichkeit zurücklasse, in einer gerechten Gesellschaft zu leben«. Sie warnte, dass die Aufhebung des Programms »Feindseligkeit, Feindschaft und Gewalt zwischen den beiden Gemeinschaften verstärken werde«.
Währenddessen versammelte sich der Nationalrat der arabischen Bürgermeister in Israel Anfang dieser Woche in einem Protestzelt vor dem Büro des Premierministers, um gegen Smotrichs Politik zu demonstrieren. Netanjahu ließ ausrichten, sie würden in zehn Tagen 200 Millionen Schekel erhalten. Eine offizielle Erklärung gab er jedoch nicht ab. Die Bürgermeister zeigen sich skeptisch und fordern eine feste Zusage. Sollte sich der Finanzminister am 3. September immer noch weigern, gebe es »an dem Tag, an dem eigentlich die Schule beginnt, einen unbefristeten Generalstreik«.