Besuch in Israel

Baerbock: Es darf keine Besatzung im Gazastreifen geben

Außenministerin Annalena Baerbock mit Israels Präsident Isaac Herzog Foto: picture alliance/dpa

Es ist ihr vierter Besuch innerhalb von drei Monaten. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist zurück in Israel – und zwar an einem symbolträchtigen Datum. Auf den Tag genau ist es drei Monate her, dass die Terrororganisation Hamas das Land am 7. Oktober auf die grauenvollste Weise attackierte. Beim Gedanken daran »stockt nach wie vor der Atem«, sagt sie auf einer Pressekonferenz am Sonntagabend.

Israel ist die erste Station ihrer Nahost- und Südostasienreise. Am Sonntag traf sie sich mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog und ihrem neuen Amtskollegen Israel Katz.

Das Leben der Israelis sei nach dem 7. Oktober »in den Grundfesten erschüttert«, so Baerbock in Jerusalem. »Noch immer bangen die Menschen um das Schicksal der entführten Geiseln. Ein einjähriges Baby, Kinder, Mütter, Väter, Geliebte, Freunde ...« Baerbock ruft dazu auf, sich vorzustellen, die Opfer wären die eigenen Familienangehörigen. »Wir müssen bereit sein, hinzuschauen und dürfen nicht schweigen. Sie alle müssen freigelassen werden. Unverzüglich.«

Sie weist auch darauf hin, dass noch immer Raketen auf Israel fliegen und die Hisbollah und die Huthis zündeln. Sie habe ihren Gesprächspartnern Herzog und Katz erneut versichert, »dass ihr Land auf unsere Solidarität im Kampf gegen den blinden Terror, der Israel von der Landkarte ausradieren will, fest bauen kann« und wird deutlich, wen sie für den andauernden Krieg zwischen Israel und der Hamas verantwortlich macht: »Wenn die Hamas diesen sinnlosen Kampf nicht fanatisch fortsetzen würde, wäre der Krieg schon längst vorbei.«

Kritik an Israels Kriegsführung

Doch Baerbock übt auch Kritik an der Kriegsführung Israels: »Es wird immer klarer, dass die israelische Armee mehr tun muss, um Zivilisten in Gaza zu schützen. Sie muss Wege finden, die Hamas zu bekämpfen, ohne dass so viele palästinensische Menschen Schaden an Leib und Leben erleiden.«

Mehr als die Hälfte der Häuser im Norden Gazas seien beschädigt oder zerstört. Fast zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. »Hunger und Durst sind entsetzlicher Alltag, und Seuchen breiten sich aus. Die Menschen werden nicht ausreichend versorgt«, hebt die Außenministerin hervor und plädiert erneut für Mitgefühl: Wer sich vorstelle, es seien die eigenen Angehörigen, könne dazu nicht schweigen. »Sie brauchen Nahrung, sie brauchen sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Dafür hat Deutschland seine humanitäre Hilfe seit Kriegsbeginn auf mehr als 200 Millionen Euro verdreifacht.«

Das, was an finanziellen Mitteln und Gütern bereitsteht, müsse allerdings auch durchkommen. Doch das sei derzeit noch zu wenig. Die Grenzübergänge Rafah im Süden und Keren Shalom im Norden seien regelrechte Flaschenhälse.

Baerbock setzt bei Zukunft des Gazastreifens auf die Autonomiebehörde

Immer häufiger wird Israel derzeit von Verbündeten die Frage gestellt, wie es sich die Zukunft Gazas vorstellt. Auch Baerbock wollte wissen: »Wie soll das Leben in Gaza weitergehen?« Man müsse an das Morgen denken, ein Morgen ohne Angst, ohne Raketen, ohne Bomben, ohne Hunger.«

Von Gaza dürfe keine Gefahr mehr für Israels Existenz ausgehen, resümierte die Außenministerin und macht gleichzeitig klar, dass die Enklave am Mittelmeer den Palästinenserinnen und Palästinensern gehöre. »Es darf weder eine erneute israelische Besatzung noch eine Besiedlung geben«.

Ihrer Meinung nach spiele die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) eine wichtige Rolle in Gaza und dem Westjordanland, denn »sie ist die legitime Vertretung des palästinensischen Volkes«. Allerdings müsse sie sich substanziell reformieren. Baerbock ist überzeugt: »Eine reformierte Autonomiebehörde ist eine gewaltfreie Alternative zur Hamas«. In diesem Zuge erwähnt sie auch die »Gewalt radikaler Siedler«, die seit dem 7. Oktober drastisch zugenommen habe. Das müsse enden, fordert die Außenministerin. Während eine Zweistaatenlösung sicher in weiter Ferne liege, unterstütze Deutschland diesen Weg nach wie vor, fasst sie die Zukunftsvision zusammen.

Im Anschluss an ihren Besuch in Israel wird Baerbock nach Ramallah reisen, später nach Ägypten und in den Libanon. Dort wolle sie alles dafür tun, dass kein »regionaler Konflikt ausbricht«.

Israel

Auch British Airways fliegt Israel wieder an

Langsam nehmen internationale Fluggesellschaften Israel wieder in ihre Flugpläne auf

 22.01.2025

Vermisst

Hoffnung und große Angst

Warten auf Shiri Bibas und ihre Kinder

von Sabine Brandes  22.01.2025

Israel

Knesset stellt Leugnung der Hamas-Massaker unter Strafe

Die Regelung entspricht dem Gesetz zur Leugnung des Holocausts, das schon 1986 verabschiedet wurde

 22.01.2025

Jerusalem/Kairo/London/Gaza

Bericht: Grenzübergang Rafah soll von der Autonomiebehörde betrieben werden

Der Schin Bet, der Mossad und der ägyptische Geheimdienst haben dieser Lösung offenbar zugestimmt

 22.01.2025

Kommentar

Die europäische Iran-Politik braucht eine Zeitenwende

Die Chancen, das Mullah-Regime zu schwächen und damit den Nahen Osten zu stabilisieren, sind mit der Präsidentschaft Donald Trumps gestiegen

von Remko Leemhuis  22.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  22.01.2025

Westjordanland

Erneuter Einsatz gegen den Terror

Die Hamas ruft währenddessen zur »Generalmobilisierung« gegen Israel auf

 22.01.2025 Aktualisiert

Terror

Mehrere Verletzte bei Messerangriff in Tel Aviv

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage kommt es in Tel Aviv zu einem Messerangriff. Der Täter wird erschossen

 21.01.2025

Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Der designierte 47. US-Präsident hat noch vor Amtsantritt mit seiner Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte mehr in Israel und Gaza erreicht als die Biden-Administration und die Europäer in den vergangenen 13 Monaten

von Philipp Peyman Engel  21.01.2025 Aktualisiert