Noch bis Donnerstag hatte er alles weit von sich gewiesen. Doch am Sonntag morgen reichte der israelische Außenminister Avigdor Lieberman sein Rücktrittsgesuch ein. Nur 38 Tage vor den Wahlen zur 19. Knesset. Nach jahrelangen polizeilichen Untersuchungen wird er wegen des Verdachts des Betruges und Vertrauensbruches angeklagt werden.
Lieberman erklärte vor der Presse, dass es sich bei seinem Rücktritt aus dem Amt lediglich um eine »temporäre Trennung« handele, die er so kurz wie möglich halten wolle. Doch schon am Dienstag um 13 Uhr wird er kein Außenminister mehr sein, seine parlamentarische Immunität ist aufgehoben, das Verfahren gegen ihn kann beginnen. Einen Nachfolger wird es zunächst nicht geben, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, er werden die Aufgaben des Ressorts bis zu den Wahlen kommissarisch übernehmen.
Vorwurf Die Untersuchungen gegen den russischstämmigen Vorsitzenden der Partei »Unser Haus Israel« hatten 16 lange Jahre gedauert. Immer wieder war in den Medien der Vorwurf laut geworden, dass viel in diesem Fall »unter den Teppich gekehrt« werde. Im Entscheid von Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein waren die hauptsächlichen Vorwürfe der Bestechung und Geldwäsche fallengelassen worden.
Nun wird Lieberman lediglich noch vorgeworden, den israelischen Botschafter in Weißrussland, Zeev Ben Ariyeh bevorteilt zu haben. Liebermans Verteidiger wollen nicht gegen die Anklagepunkte an sich Einspruch erheben, sondern lediglich gegen deren Auslegung. Vor allem geht es darum, ob mit »moralischer Verwerflichkeit« gehandelt wurde. Entscheiden die Richter, dass dies im Fall Liebermans zutreffe, kann er nach einer Verurteilung sieben Jahre lang nicht als Minister dienen.
Vereinbarung Der Politiker selbst betonte, er wolle die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen, damit er sich bei den Knessetwahlen am 22. Januar wieder aufstellen lassen könne. Bislang beteuert Lieberman, er sei zu keiner Vereinbarung mit der Generalstaatsanwaltschaft bereit, sondern wolle vor Gericht für seine Unschuld kämpfen. Für eine Vereinbarung bedarf es der Anerkennung zumindest einer Teilschuld seitens des Angeklagten. Politikexperten indes bezweifeln, dass das Verfahren ohne eine derartige Übereinkunft schnell beendet werden kann.
»Persönlich besorgt« sei er nicht, erklärte der Noch-Minister, nachdem er dem Premier seine Rücktrittsforderung übergeben hatte. Stattdessen mache er sich Gedanken um seine Wähler. Positiv aber sei, dass ihm der Rücktritt die Möglichkeit zu ausgiebiger Wahlkampf-Arbeit an der Basis gebe. Denn er sei sicher, rechtzeitig zu den Wahlen zurück zu sein.