Die Reform des Armeegesetzes in Israel ist so gut wie beschlossen. Am Sonntag stimmte das Kabinett mit 14 zu vier Stimmen für den Entwurf. Danach sollen ab 2017 auch ultraorthodoxe Männer entweder Militär- oder Zivildienst ableisten müssen. Einer der Vorreiter des »Gleichheitsgesetzes«, wie er es nennt, ist Wirtschaftsminister Yair Lapid. »Wir schreiben hier heute Geschichte«, erklärte er nach der Entscheidung. »Es wird jetzt echte Gleichberechtigung geben.«
Das ministeriale Komitee zur Gesetzesgebung ebnete damit den Weg, Tausende von Charedim in die israelische Armee (Zahal) einzuberufen. Zwar ist diese Zustimmung nur der erste Schritt, doch die Rückendeckung der Koalition im Kabinett macht es sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz auch die parlamentarische Hürde nehmen wird.
Zivildienst »Heute, nach 65 Jahren, beginnen wir, die Last gleich zu verteilen«, verkündete Premierminister Benjamin Netanjahu. »Wir werden diese Änderung graduell durchsetzen, während wir die besonderen Bedürfnisse der ultraorthodoxen Bevölkerung beachten. Unser Ziel umfasst zwei Punkte: Zum einen wollen wir junge strengreligiöse Männer in die Zahal und den Zivildienst integrieren und sie gleichzeitig – das ist nicht minder bedeutsam – in den Arbeitsmarkt eingliedern.« Netanjahu fügte hinzu, dass er es ebenfalls als wichtig ansehe, israelische Araber miteinzubeziehen. »Der Entwurf ist noch nicht komplett, wir müssen eine Lösung finden.«
Bis zum vergangenen Jahr konnten ultraorthodoxe Männer im Rahmen des sogenannten Tal-Gesetzes vom Armeedienst befreit werden, wenn sie in einer Jeschiwa eingeschrieben waren. Zehntausende hatten davon Gebrauch gemacht – »eine Ausnutzung des Systems«, wie vor allem Lapid immer wieder verdeutlicht hatte. Erst durch die Neuwahlen war es möglich geworden, die Angelegenheit zu regeln. In dieser Regierung sitzen keine strengreligiösen Parteien. Die hatten zuvor stets jegliche Vorstöße in Richtung Armeereform blockiert.
Auch die nationalreligiösen Mitglieder der Koalition lobten die Entscheidung: »Der Entwurf ist ein Kompromiss, um die sensible Angelegenheit zu regeln«, sagte Bauminister Uri Ariel von der Partei Jüdisches Haus. Kritiker jedoch bemängeln, dass das Gesetz zu viel des Kompromisses ist.
Verweigerer Denn statt die Charedim mit 18 Jahren einzubeziehen, wie die nichtorthodoxen jungen Männer, flattert der Einberufungsbescheid bei Toraschülern erst mit 21 Jahren ins Haus. Außerdem sind fromme Frauen ausgenommen. Generell müssen Israelinnen für zwei Jahre in der Armee dienen. Auch werden 1800 besonders begabte Jeschiwa-Studenten befreit. Verweigerer sollen künftig allerdings strafrechtlich verfolgt werden.
Justizministerin Zipi Livni (Hatnua) hatte dem Gesetzesentwurf zwar zugestimmt, betonte anschließend jedoch, dass er »partiell und fehlerhaft« sei. »Er ist das geringere Übel.« Harte Kritik hatten auch Mitglieder der Opposition geübt. Meir Porusch von der religiösen Partei Vereinigtes Torajudentum erklärte, dass dieser Beschluss für das ultraorthodoxe Judentum traurig sei. Die Ausnutzung der charedischen Minderheit durch die Regierung grenze an Verfolgung und Grausamkeit. »Der heutige Tag wird als schwarzer Tag in die Geschichte der Juden in Israel eingehen«, sagte Porusch.