Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnt den Vorstoß von EU-Chefdiplomat Josep Borrell ab, als Reaktion auf die israelische Kriegsführung im Gazastreifen und im Libanon den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel auszusetzen.
»Wir setzen uns immer dafür ein, Gesprächskanäle offenzuhalten. Dies gilt selbstverständlich auch für Israel«, hieß es im Auswärtigen Amt in Berlin als Reaktion auf die Borrell-Pläne.
Borrell gilt als einer der schärfsten »Israelkritiker« in Brüssel. Seitdem die Hamas den aktuellen Krieg begann, kritisiert er vor allem den jüdischen Staat, nicht aber den palästinensischen Terror. In Gaza und im Libanon kämpft Israel gegen die vom Iran finanzierten Terrororganisationen Hamas und Hisbollah an, die Israel vernichten wollen.
Geeigneter Rahmen
Das Auswärtigen Amt betonte, der Assoziierungsrat bilde einen geeigneten Rahmen, um mit der israelischen Regierung auch über die Einhaltung der Vorgaben des humanitären Völkerrechts sowie die Versorgung der Menschen im Gazastreifen mit humanitärer Hilfe zu sprechen.
»Ein Abbruch des Dialogs hilft hingegen niemandem, weder den notleidenden Menschen in Gaza, noch den Geiseln, die weiter von der Hamas festgehalten werden, noch all jenen in Israel, die auf Gesprächsbereitschaft setzen«, hieß es weiter.
Israel befindet sich in einem Selbstverteidigungskrieg. Während die Streitkräfte (IDF) die Terroristen der Hamas und der Hisbollah bekämpfen, schützen sie die Bevölkerung in Gaza und im Libanon, auch indem sie die Bewohner zur Flucht aufrufen, bevor in ihrer Gegend Terrorziele angegriffen werden.
Tägliche Vorwürfe
Hinzu kommt die Einrichtung von Fluchtrouten und humanitären Zonen sowie die Abfertigung von Hilfslieferungen. Seit Beginn des Krieges kamen 1,1 Millionen Tonnen Hilfe in Gaza an.
Baerbock bringt Sanktionen gegen israelische Minister ins Spiel
Im ZDF-»Morgenmagazin« brachte Baerbock Sanktionen ins Spiel, wenn einzelne israelische Minister das Völkerrecht brechen würden, »indem sie mit Blick auf Gaza oder auch das Westjordanland die Frage der Existenz der Palästinenser infrage stellen«.
Sie ergänzte: »Dann muss das auch von europäischer Ebene sanktioniert werden.« Die europäische Ebene müsse dann den Druck erhöhen. Sie habe schon in der Vergangenheit gesagt: »Das Völkerrecht, das ist das, was uns leitet, das muss die israelische Regierung leiten.« An welche Art von Sanktionen zu denken sei, sagte Baerbock nicht.
Zustimmung unwahrscheinlich
Am Internationalen Gerichtshof in Den Haag, wo Südafrika Israel wegen angeblicher Verstöße gegen das Völkerrecht angeklagt hatte, unterstützte die Bundesregierung den jüdischen Staat mit einer Eingabe. Nun scheint das Auswärtige Amt von Noch-Ministerin Baerbock seine Nahostpolitik ändern zu wollen.
Borrell will seinen Vorschlag, den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel auszusetzen, beim EU-Außenministertreffen am Montag unterbreiten. Dass er die notwendige einstimmige Zustimmung findet, gilt als unwahrscheinlich.
Der politische Dialog der EU mit Israel wird über ein sogenanntes Assoziationsabkommen aus dem Jahr 2000 geregelt. Er sieht unter anderem einen regelmäßigen Austausch zur Stärkung der Beziehungen und zur Weiterentwicklung der Partnerschaft vor. dpa/ja