Am Donnerstag landeten sie auf dem Flughafen Ben Gurion: 20 Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, die in den kommenden drei bis vier Jahren an einer israelischen Schule lernen werden.
In Airport City in der Nähe des Flughafens wurden sie zusammen mit einigen Neueinwanderern aus Deutschland empfangen, unter anderem von Vertretern der Jewish Agency, von Keren Hayesod und von dem Knessetabgeordneten Avraham Neguise, Vorsitzender des Komitees für Einwanderung, Integration und Diaspora.
Neguise zählte in seiner kurzen Rede einige erfolgreiche Politiker und Minister auf, die ebenfalls in der Diaspora geboren wurden – wie er selbst. Er kam 1985 aus Äthiopien und studierte Sozialarbeit in Jerusalem. »Vielleicht werdet auch ihr einmal eine leitende Position im Staat Israel innehaben«, sagte Neguise. In Israel herrsche Chancengleichheit – und wer sich anstrenge und seine Chancen nutze, könne viel erreichen.
Internat Aber an die zukünftige berufliche Karriere dachten die Jugendlichen in diesem Moment weniger. Sie waren vielmehr neugierig auf ihre zukünftigen Schulen und Schulkameraden: eine große Umstellung, die die jungen Juden aber bewusst in Kauf nehmen. »Wir wollten auf eine religiöse Schule. Die gibt es zwar in Berlin, aber nur bis zur zehnten Klasse«, erzählt die 15-jährige Gemma, die nun an der Amana-Schule in Kfar Saba die zehnte Klasse besuchen wird. Sie hat in den vergangenen Jahren in Gießen gelebt, nun ist ihre Familie nach Berlin gezogen – für Gemma ging es aber gleich weiter nach Israel. Hier, erzählt sie, lebt sie nun im Internat und wird nur ab und zu zurück nach Deutschland fliegen. Die kommenden Feiertage wird sie in Israel verbringen: »Erst zu Chanukka dürfen wir wieder nach Hause.«
Heimweh? Nicht auszuschließen. Doch immerhin hat sie in den Wochen zuvor bereits eine neue Freundin aus Deutschland gefunden, die dieselbe Schule besuchen wird, wenn auch eine Klassenstufe unter ihr: die 14-jährige Elina. »Wir haben uns beim Aufnahmetest getroffen, dann Kontaktdaten ausgetauscht und uns geschrieben. Heute im Flieger saßen wir nebeneinander.« Die beiden Mädchen leben orthodox, sie wollten in der Schule neben den üblichen Fächern auch jüdischen Religionsunterricht haben und Hebräisch lernen. Elina erzählt, dass sie in Berlin zunächst auf die Chabad-Schule ging, später auf die Internationale Schule Berlin. »Meine Eltern haben mir dann erzählt, dass es dieses Programm gibt, und ich wollte mitmachen.«
»Naale-Elite-Akademie« heißt das kostenlose Programm, das jüdische Schüler ab der neunten Klasse bis zu vier Jahre nach Israel bringt, um dort zur Schule zu gehen, Hebräisch zu lernen und das Abitur zu machen, das international anerkannt wird. Zuvor müssen die Schüler einen Aufnahmetest bestehen.
Der 16-jährige Roman erinnert sich daran noch sehr gut: »Der hat einen ganzen Tag gedauert, von morgens acht bis abends sechs Uhr. Wir wurden in allem getestet: Mathe, Englisch, Hebräischkenntnisse. Aber davon allein hängt es nicht ab. Es gibt noch einen psychologischen Test, um zu sehen, ob wir auch mental dafür geeignet sind.«
hebräisch Roman hat die Tests bestanden – ein Erfolg, auch wenn es bedeutet, nun viele Freunde erst einmal nicht mehr zu sehen. »Sie kamen heute Morgen mit zum Flughafen, um sich zu verabschieden. Es ist schon traurig, aber ich bin ja nicht ganz weg, sondern komme zwischendurch immer wieder zu Besuch«, sagt er.
Bisher besuchte Roman eine Schule in Prenzlauer Berg, nun wird der Berliner in den nächsten Jahren in Rischon LeZion auf eine nichtreligiöse Schule gehen und dort auf Hebräisch unterrichtet werden. »Ein bisschen kann ich noch aus der Grundschulzeit, da war ich auf einer jüdischen Schule. Das kommt bestimmt alles wieder, wenn ich erst mal hier bin.« Die Wochenenden wird er bei seinem Onkel verbringen, der ebenfalls in Israel lebt – und mit dem will Roman dann auch Hebräisch sprechen.
Michael Yedovitzky von der Jewish Agency freut sich über das Interesse: »Wir sind sehr stolz auf die mehr als 200 Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt, die jetzt mit dem Naale-Programm in Israel beginnen. Wir wünschen ihnen viel Erfolg.« Man sei sehr froh, dass sich auch in Deutschland immer mehr junge Leute dafür interessieren. Das Programm sei eine Option, das schulische Lernen mit ganz besonderen Erfahrungen in Israel zu verbinden, so Yedovitzky.
Die jungen Leute sehen das alles recht gelassen. Dass in Israel vieles anders laufen wird als in Deutschland, macht ihnen keine Angst, sagt Roman. »Ich war hier immer mal wieder ein paar Monate im Urlaub, ich habe Freunde hier und fühle mich sehr heimisch. Es ist eine super Chance, hier das Abi zu machen.« Später in Israel zu leben, kann er sich gut vorstellen: »Vielleicht gehe ich dazwischen nochmal woanders hin, nach London oder so.«