Angesichts stark steigender Corona-Zahlen fordert
der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Länder auf, ihre Impfzentren wieder hochzufahren. »Um möglichst vielen möglichst schnell eine Auffrischungsimpfung zu ermöglichen, sollten die Länder die Impfzentren, die sie seit Ende September in Standby bereithalten, nun wieder startbereit machen«, sagte er der »Rheinischen Post« (Montag). Zudem riet Spahn dazu, in einem ersten Schritt alle Menschen über 60 schriftlich zur Impfung einzuladen.
Hintergrund ist, dass mehr Menschen eine Auffrischungsimpfung - die Booster-Impfung - gegen die nachlassende Wirkung des Impfstoffs wahrnehmen sollen. Am Wochenende hatte Spahn auch einen Gipfel zum Thema Auffrischungsimpfungen von Bund und Ländern gefordert. »Aktuelle Daten aus Israel zeigen, dass das Boostern einen ganz entscheidenden Unterschied macht, um die vierte Welle zu brechen«, sagte er der »Bild am Sonntag«. Sein Ministerium hatte zudem noch einmal darauf hingewiesen, dass grundsätzlich alle Bürger laut Impfverordnung einen Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung haben.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Auffrischung unter anderem für Menschen ab 70, Bewohner und Betreute in Pflegeeinrichtungen für alte Menschen, Pflegepersonal mit einem direkten Kontakt zu alten Menschen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Am Sonntag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) 16 887 Corona-Neuinfektionen und einen Sieben-Tage-Wert je 100 000 Einwohner von 149,4 - vor einer Woche hatte dieser Wert bei 106,3 gelegen. Derzeit sind etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland vollständig geimpft.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich in der ZDF-Sendung »Berlin direkt« am Sonntagabend skeptisch, ob ein Bund-Länder-Gipfel zum Thema Booster-Impfung Sinn macht. »Wenn wir dort nicht zum Plaudern zusammenkommen wollen, dann frage ich, was wollen wir denn verabreden und was bietet uns der Bundesgesundheitsminister an? Wir sind dabei, die Booster-Impfungen durchzusetzen. Wir haben die Ältesten schon wieder eingeladen«, sagte Müller. Die Frage sei, was Spahn konkret besprechen wolle. »Dazu habe ich noch nichts gehört.« Er erwarte, dass der Minister sage, welchen Plan er für die schwierigen nächsten Monate habe, erklärte Müller.
Hingegen sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin«, wenn es notwendig erscheine, dass Bund und Länder sich treffen, dann solle das auch gemacht werden, unabhängig davon, welche Regierung künftig im Amt sei. »Corona ist eine gemeinsame nationale Aufgabe, und die haben wir immer parteiübergreifend gelöst.« Auch CSU-Chef Markus Söder und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatten am Wochenende einen Gipfel von Bund und Ländern zu Corona gefordert.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen zeigte sich unzufrieden mit dem Verlauf der Corona-Impfungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. »Nach der Schließung der meisten Impfzentren erfüllen die Praxen die in sie gesetzten Erwartungen erkennbar nicht, weder bei den Erst- noch bei den Booster-Impfungen«, sagte Dahmen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). »Das Tempo bei den Erst- und Zweiimpfungen und beim Boostern reicht nicht aus.«
Der Grünen-Politiker betonte: »Wenn das Impftempo in der Regelversorgung der Praxen nicht ausreicht, werden wir endlich auch an anderen Stellen, beispielsweise Apotheken, impfen müssen.« Er zeigte sich besorgt über die aktuelle Pandemie-Lage. »Schon in den nächsten Wochen könnte die Zahl der Intensivpatienten wieder auf bis 3000 steigen. Wenn dann noch eine heftige Grippewelle dazu kommt, laufen wir in eine Katastrophe hinein«, sagte er. dpa