An gewöhnlichen Tagen spielten die Radiosender seine Hits rauf und runter. Vor den Ampeln drehten Fans voll auf und ließen die Boxen in ihren Mazdas und Mitsubishis erzittern, wenn ein Song ihres Idols Eyal Golan lief. Und dann auf einmal war es still. Kein »Nagat li balew« mehr, kein »Ksche at ito«. Der Superstar des Misrachi-Pop wurde kaum noch gespielt. Der Verdacht, er habe Sex mit minderjährigen Mädchen gehabt, wog schwer.
Jetzt ist die Akte Golan geschlossen. Drei Monate, nachdem der Skandal wie ein Wirbelsturm durch Israels Medienlandschaft tobte, gab das Justizministerium in der vergangenen Woche bekannt, dass es den Fall gegen den Sänger ad acta gelegt hat. Aus Mangel an Beweisen.
idol Die meisten Fans des Barden mit dem kahl geschorenen Kopf sind weiblich. Und sie können jede Zeile mitsingen. Und oft sind sie jung. Wenn Golan seine Schmachtfetzen über Liebe und Herzschmerz zum Besten gibt, während die Brillis in seinen Ohren mit den Lichtanlagen um die Wette glitzern, brechen die Damen am Bühnenrand regelmäßig in hysterische Begeisterungsstürme aus. Vor allem in der sefardischen Gemeinde des Landes stehen die nahöstlichen Schlager hoch im Kurs. Keine Frage, dass viele der jungen Frauen ihrem Idol nur zu gern näherkommen würden.
Diese Tatsache nutzten einige Menschen im Umfeld des 42-jährigen Stars offenbar schamlos aus. Allen voran sein Vater Dani Biton (61) steht im Verdacht, junge Mädchen zum Sex genötigt zu haben. Er soll ihnen versprochen haben, dass sie ihrem Star dadurch nah sein könnten. Zunächst hieß es, dass auch Golan bei den vermeintlichen Sex-Partys, wo auch reichlich Drogen die Runde gemacht haben sollen, dabei war. Kurz nachdem die schwerwiegenden Vorwürfe ans Licht gekommen waren, verhaftete die Polizei fünf Männer.
Absage Darunter waren Dani Biton, Tsachi Asulin, ein Angestellter von Golan, und der Sänger selbst. Von Anfang an beteuerte der jedoch, unschuldig zu sein. Vier Mädchen unter 18 allerdings sagten gegen Golan aus und versicherten, Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt und gemeinsam Drogen konsumiert zu haben.
Die Öffentlichkeit reagierte prompt. Von einem Tag auf den anderen wollte kaum jemand mehr Golan sehen oder hören. Sogar bis ins ferne Los Angeles waren die Gerüchte gedrungen. Ein Konzert für die dortige große Gemeinde von sefardischen Israelis wurde kurzerhand abgesagt. Der TV-Kanal 2 »entschied mit Golan gemeinsam«, ihn vorübergehend als Richter der Talentshow Rising Star zu suspendieren. Gleichzeitig sagte der Sender weitere Dreharbeiten für seine eigene Show Eyal Golan ruft dich ab. Doch der Sänger beteuerte weiterhin seine Unschuld.
Wende Dann plötzlich kam die Wende im Fall. Interne Polizeiprotokolle gelangten an die Medien, in denen die vier betreffenden Mädchen sagten, sie hätten die Geschichte nur erfunden und dass »mit Golan rein gar nichts gelaufen« war. Warum sie gelogen hatten, das konnten sie sich angeblich nicht einmal selbst erklären.
Kurz darauf veröffentlichte Golan einen Offenen Brief. Eine Pressekonferenz durfte er wegen der laufenden Ermittlungen nicht abhalten. »Ich möchte klarstellen, dass ich niemals etwas begangen habe, das die Ehre einer Frau oder eines Mannes in Israel verletzt haben könnte«, schrieb er. Dass die israelische Öffentlichkeit verwirrt und wütend ist, könne er verstehen. Gleichzeitig bat er für sein »armseliges Urteilsvermögen« um Entschuldigung und erklärte, sein einziger Fehler sei gewesen, seinem Vater nahe sein zu wollen. Der habe ihn als Jungen verlassen und sei erst später wieder in sein Leben getreten.
Wohl mit nicht ganz hehren Absichten – wie Golan jetzt klar sein dürfte. Biton und Asulin müssen sich weiterhin vor Gericht wegen Unzucht mit Minderjährigen verantworten. In einer ersten Anhörung erklärte der Richter, Biton habe die Naivität der Mädchen, die ein wenig Glamour spüren wollten, gnadenlos ausgenutzt.
Bedürfnis »Ich habe verstanden, dass einige Leute in meinem Umfeld sich nicht so verhalten haben, wie ich es getan habe. Das tut mir von ganzem Herzen leid. Natürlich habe ich alle sofort entlassen«, hieß es in Golans Zeilen weiter. »Auch ein Sänger mit dem Namen Eyal Golan hat das Bedürfnis, seinem Vater nahe zu sein. Doch ich habe Fehler gemacht. Der größte war, dass ich meinen Vater in meinem Leben haben wollte!«
Wie viel Golan von den halbseidenen Machenschaften um ihn herum mitbekommen hat, das weiß wohl nur er selbst. Zumindest vor Gericht wird er sich dafür nicht verantworten müssen. Der Polizei soll der berühmte Sänger gesagt haben, dass ihn der Skandal »Millionen von Schekel« gekostet hat. Doch vielleicht kann er die Verluste schneller wieder reinholen als gedacht. Immerhin sagte Golan auch, er wolle sich jetzt ganz auf seine Musik konzentrieren.
Es kann durchaus sein, dass Golan gestärkt aus der Affäre hervorgeht. Das Image des verlassenen Jungen, der von seinem Vater getäuscht wurde, verkauft sich sicher blendend – ein bisschen wie ein sefardischer Phönix aus der Asche. Und aus den Radios tönt mittlerweile schon wieder »Du ...«.