Sie schrieben Geschichte und hielten doch nicht das, was sie versprachen. Vor 30 Jahren unterzeichneten der damalige israelische Premierminister Itzchak Rabin, Außenminister Schimon Peres und der Anführer der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, Yassir Arafat, ein Dokument, das als Oslo-Abkommen berühmt wurde.
Benannt nach der norwegischen Hauptstadt war die Vereinbarung das Ergebnis langer geheimer Gespräche in Oslo. Aus dem ursprünglichen Papier wurde eine Reihe von Grundprinzipien verfasst, die in der Knesset knapp mit 61 Stimmen Zustimmung erhielten und am 13. September 1993 auf dem Rasen des Weißen Hauses vor US-Präsident Bill Clinton unterzeichnet wurden. Rabin und Arafat schüttelten einander die Hände.
SICHERHEIT Israel erkannte die PLO als legitimen und ausschließlichen Vertreter des palästinensischen Volkes an, während die PLO ihrerseits das Recht Israels auf eine Existenz in Frieden und Sicherheit bestätigte. Das Abkommen sollte eine fünfjährige Übergangsfrist für die Regeln in den Palästinensergebieten festlegen. Gleichzeitig wurde die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) gegründet. Arafat und andere durften aus Tunesien ins Westjordanland kommen.
Zum Jahrestag wurde jetzt die 30-jährige Geheimhaltung beendet und das Protokoll der Regierungssitzung vom 30. August 1993 freigegeben. Es spiegelt die Dramatik der Entscheidung wider, bei der 16 Minister in Jerusalem für das Abkommen stimmten und sich zwei enthielten. Die Aufzeichnung bringt die erheblichen Bedenken von Rabin, Peres und vor allem des damaligen Armeechefs Ehud Barak hinsichtlich der Auswirkungen auf die Sicherheit zum Vorschein. Auch die Sorge um den erbitterten Widerstand und die Massenproteste des rechten Lagers kamen zum Ausdruck, angeführt vom damaligen Oppositionschef Benjamin Netanjahu. Dennoch beschloss die Regierung, dem Frieden eine Chance zu geben.
Obwohl es die bis dahin umfassendste Anstrengung für den Frieden manifestierte, war das Oslo-Abkommen ein Interimsdeal, dem ein echter Vertrag folgen sollte. Doch der kam nie. Stattdessen wurde Rabin 1995 von einem jüdischen Rechtsextremisten ermordet, und eine Welle von Terroranschlägen begann.
Die Palästinensische Autonomiebehörde ist heute im Westjordanland an der Macht. Dennoch gelten die Oslo-Abkommen weitgehend als tot, da sie ihr Ziel, einen Friedensschluss zu erleichtern oder zumindest das Vertrauen zwischen Jerusalem und Ramallah zu stärken, nicht erreicht haben. Der Friedensprozess ruht seit 2010 völlig. Nur wenige sind optimistisch, dass in absehbarer Zukunft eine Versöhnung erreicht werden kann.
Die Palästinenser und Israel ließen ein dauerhaftes Abkommen scheitern, sagt Yossi Beilin.
Nach der Auffassung von Dan Diker, Präsident des Jerusalem Center for Public Affairs und ehemaliger Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, hätten die Abkommen das Gegenteil eines Friedens gebracht. »Sie zielten darauf ab, dem PLO-Terrorismus, der Hassindoktrination, dem Antisemitismus, Radikalismus und der politischen Kriegsführung ein Ende zu setzen. Doch stattdessen haben die PLO und ihre international anerkannte Tochtergesellschaft, die Palästinensische Autonomiebehörde, ihren weltweiten Angriff auf Israel intensiviert.«
KORRUPTION Die massive Korruption in der PA habe die palästinensische Wirtschaft lahmgelegt und die Öffentlichkeit in die Arme der vom Iran unterstützten Hamas getrieben, argumentiert er. Außerdem sei eine »Umkehrung der Legitimität« erfolgt, »wodurch der PA-PLO internationale Sympathien und Unterstützung zuteilwurden, während Israels staatliche Legitimität angeprangert und diffamiert wurde. Israel wird dadurch die Gleichbehandlung in den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen verweigert.«
SIEDLUNGEN Einer, der indes noch immer an die Bedeutung der Oslo-Abkommen glaubt, ist jemand, der sie hinter den Kulissen mitgestaltete: Yossi Beilin, einstiger Justizminister in verschiedenen Regierungen. »Oslo sollte zu einem israelisch-palästinensischen Abkommen führen, das sich auf eine dauerhafte Grenze konzentriert und eine jüdische Mehrheit in Israel für viele Jahre garantieren sollte. Beides sind Hauptkomponenten zur Sicherung der jüdischen Kontinuität«, sagt Beilin.
In Netanjahus Regierungen sei der Interimsdeal allerdings wie ein dauerhaftes Abkommen behandelt worden, das von den Palästinensern verlangt, so zu kooperieren, als ob es einen Frieden gäbe. »Die Palästinenser lehnten mehrere Vorschläge für eine politische Lösung ab, und Israel trug, hauptsächlich durch den Bau von Siedlungen in Judäa und Samaria, seinen Teil zur Nichtschaffung eines dauerhaften Abkommens bei.«
»Die Oslo-Abkommen sind gescheitert, weil sie tatsächlich noch bestehen!«, resümiert Beilin. »Der ›Erfolg‹ der Rechten, eine vorläufige Regelung aufrechtzuerhalten und zu erwarten, dass sie sich wie ein Friedensabkommen verhält, kostet alle Parteien viel zu viel.« Er fordere seit zwei Jahrzehnten die Abschaffung der Abkommen. Doch alle rechten Regierungen, einschließlich der jetzigen, würden daran festhalten. Beilin sagt, das Hauptargument der Oslo-Kritiker sei der »schwere Fehler von uns gewesen, Arafat als Partner zu betrachten. Denn der sei mit klaren Absichten an den Verhandlungstisch gekommen, zu einem gewaltsamen Konflikt mit uns zurückzukehren«.
Die Wahrheit aber ist nach Überzeugung von Beilin, »dass es um die Frage der Aufteilung des Landes Israel zwischen den Palästinensern und uns geht«, ist Beilin überzeugt. »Doch wer die ›Integrität des Landes‹ einem jüdischen Staat unter der Schirmherrschaft einer jüdischen Mehrheit vorzieht, der wird keinem palästinensischen Partner zustimmen.«