Jerusalem hat Ankara offenbar 20 Millionen US-Dollar an Kompensation für die Familien der auf der »Mavi Marmara« getöteten Türken angeboten, melden israelische Medien am Montagmorgen. Es sei durchaus wahrscheinlich, dass dieses Angebot angenommen werde, verlautet es aus Expertenkreisen. Darüberhinaus nähern sich die beiden Länder offenbar auch auf anderen Ebenen wieder an.
Einst waren sie engst Verbündete: die Türkei und Israel. Doch vor fast vier Jahren waren die diplomatischen Beziehungen fast gänzlich zum Stillstand gekommen. Nachdem eine Flotilla die Gaza-Blockade der Israelis brechen wollte, hatten Soldaten der israelischen Armee (IDF) das Schiff geentert. Sie wurden von bewaffneten, gewaltbereiten Aktivisten empfangen. Neun türkische Staatsangehörige starben bei der Auseinandersetzung, sieben israelische Soldaten wurden verletzt.
Touristen Die Beziehungen zwischen Ankara und Jerusalem waren seitdem mehr als frostig. Und das nicht nur auf politischer Ebene. Aufgrund der Verstimmung blieben auch die Touristen weg. In den Ferienorten wie Alanya und Antalya, wo sich sonst Zehntausende von Israelis in den Hotelburgen tummelten, herrschte gähnende Leere.
Nun bemühen sich Vermittler beider Seiten bereits seit Monaten, eine Versöhnung herbeizuführen. Im Dezember wurde das Team aus Jerusalem, darunter der nationale Berater Jossi Cohen und Sonderbeauftragter Joseph Ciechanover, eingeladen, wieder nach Istanbul zu kommen. Bei diesen Gesprächen sollen die Türken den Israelis entgegengekommen sein. Anonyme Insiderquellen sagen, dass die zuvor von Ankara geforderten 30 Millionen reduziert werden könnten.
Angeblich habe Premierminister Benjamin Netanjahu nach diesen Informationen auf seine ursprünglich angebotenen 15 Millionen noch fünf draufgelegt. »Und er ist bereit, weitere drei hinzuzufügen, sollte es damit eine Vereinbarung geben«, hieß es. Das Geld wird in einem Fond angelegt und den Hinterbliebenen zugute kommen.
Normalität Aber es geht nicht nur allein ums Geld. Ebenso wollen beide Seiten am Verhandlungstische erreichen, dass der tiefe Riss in den einst guten Beziehungen endlich gekittet wird und man zur Normalität übergehen kann. Dazu gehören ministeriale Treffen, Militärkooperationen und aktiver Handel. Allerdings will Netanjahu, dass Ankara zuerst die Anklagen gegen IDF-Angehörige zurückzieht und aufhört, Israel in internationalen Gremien zu beschuldigen oder sich gegen den jüdischen Staat auszusprechen.
Allerdings wird wahrscheinlich nichts davon vor dem 30. März geschehen. Denn bis dahin wird der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan seinen Ruf als Hardliner auf dem politischen Parkett seines Landes nicht gefährden wollen. Doch vielleicht weht nach den lokalen Neuwahlen in der Türkei ein anderer politischer Wind.