Israel

14.800 Schoa-Überlebende in 2019 gestorben

Blick in die Halle der Namen in der Gedenkstätte Yad Vashem Foto: Flash 90

Direkt am Eingang des Carmel-Marktes in Tel Aviv sitzt ein älterer Herr auf einem faltbaren Hocker. Jeden Tag ist er da. Er trägt einen Bart, Mütze und hat ein Pappschild in den Händen: »Überlebender von Sobibor«. Darüber hält er einen Becher, den er rhythmisch schüttelt. Der Mann bittet um eine milde Gabe.

Alltag für einen Überlebenden in Israel. Die Behörde für die Rechte von Schoa-Überlebenden im Finanzministerium veröffentlichte kurz vor dem internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar einen Bericht zu diesem Thema.

Europa Derzeit leben noch 192.000 Männer und Frauen in Israel, die als Schoa-Überlebende oder Opfer von antisemitischer Verfolgung anerkannt sind. Dazu gehören auch marokkanische und algerische Juden, die unter dem französischen Vichy-Regime lebten sowie Überlebende der Farhud-Pogrome im Irak. 39 Prozent von ihnen sind über 85, 19 Prozent über 90 und 839 sogar über 100 Jahre alt. 64 Prozent wurden in Europa geboren, 18 Prozent stammen aus Rumänien, sechs aus Polen. In 2019 starben 14.800 Holocaust-Überlebende.

Rund zwei Drittel der Schoa-Überlebenden erhalten einige Hundert bis zu 6000 Schekel monatlich.

Die Behörde erklärte, dass im vergangenen Jahr mehr als vier Milliarden Schekel (etwas über eine Milliarde Euro) in Form von direkten Geldern ausgezahlt wurden. Rund zwei Drittel der Menschen erhalten dadurch einige Hundert bis zu 6000 Schekel monatlich. Ehemalige Ghetto- und Todeslager-Insassen bekommen teilweise zusätzliche Unterstützung, heißt es. Außerdem sind alle von Zuzahlungen für Medikamente und Arztbesuche befreit.

Hausbesuche Nach Angaben des Ministeriums versuchen die Angestellten, alle Schoa-Überlebenden zu erreichen und über ihre Rechte aufzuklären. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre seien dafür mehr als 40.000 Briefe geschrieben, Zehntausende von Anrufen getätigt und 51.000 Hausbesuche gemacht worden. Dennoch leben viele dieser Menschen in Israel unterhalb der Armutsgrenze – nach Angaben von »Aviv« mindestens ein Viertel von ihnen. Die Organisation hilft Schoa-Überlebenden kostenfrei, sich in der Bürokratie zurechtzufinden und Anträge auf finanzielle Unterstützung zu stellen.

Am 23. Januar werden mehr als 30 Staatsoberhäupter und -minister zum fünften Welt-Holocaust-Forum in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem erwartet. Das Forum wird kurz vor dem 75. Jahrestag der Befreiung des Nazi-Todeslagers Auschwitz veranstaltet. Unter den Gästen werden US-Vizepräsident Mike Pence, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Wladimir Putin aus Russland sein. Auch Prinz Charles hat sich angekündigt.

Generationen Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin machte deutlich, dass man zusammenkomme, »um zu überlegen, wie das Gedenken zum Holocaust an die kommenden Generationen weitergegeben werden kann, wenn wir in einer Welt ohne Schoa-Überlebende leben. Und welche Schritte wir unternehmen müssen, damit die Sicherheit von Juden gewährleistet ist – in der ganzen Welt«.

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  09.03.2025 Aktualisiert

Iran

Ajatollah Chamenei erteilt Donald Trumps Angebot für Atom-Deal eine Absage

Das Atom-Abkommen läuft im Herbst aus, doch das Regime will nicht mit »rüpelhaften Persönlichkeiten« verhandeln

 09.03.2025

Geiseln

Liri Albag spricht erstmals über die »Hölle« von Gaza

In einem ersten TV-Interview schildert die ehemalige Soldatin ausführlich, wie sie in der Gewalt der Hamas überlebt und dabei den Verstand behalten hat

 09.03.2025

Syrien

Übergangsregierung soll »Massaker« angerichtet haben

Anhänger des gestürzten Diktators Assad sollen zu den Waffen gegriffen haben. Die Übergangsregierung reagiert und soll Aktivisten zufolge auch Massaker unter Zivilisten angerichtet haben

 09.03.2025

Katar

Israel will am Montag über weitere Freilassungen von Geiseln verhandeln

Die Verhandlungen werden in der katarischen Hauptstadt Doha geführt

 09.03.2025

Libanon

Israelische Armee begleitet Ultraorthodoxe zum Grab von Rav Aschi

Wochenlang hatten Strengreligiöse versucht, die Pilgerstätte illegal zu besuchen. Nun gab es eine Einigung

 08.03.2025

Geiseln

Hamas veröffentlicht Video von Matan Angrest

Die Familie ist anhand der Aufnahmen und Schilderungen von ehemaligen Geiseln sicher, dass er in der Gewalt der Hamas gefoltert wird

 08.03.2025

Geiselkrise

»Es frisst mich auf«

Die ehemalige Hamas-Geisel Yarden Bibas, deren Kinder und Frau in Gaza ermordet wurden, hat einen Brief an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geschrieben, der in der Knesset verlesen wurde. Wir dokumentieren ihn

 07.03.2025

Geiselkrise

Botschafter Seibert: Menschen in Gaza brauchen Unterstützung

Während des Krieges sorgte Israel für die Einfuhr von 1,3 Millionen Tonnen Hilfsgütern. Nun verhängte Israel einen Stopp der Lieferungen, um Druck zu machen. Der deutsche Botschafter in Israel kritisiert den Beschluss

 07.03.2025