Glossar

Zniut

»Ziniesdig«: Ein Jude soll durch seine Garderobe nicht übermäßige Aufmerksamkeit auf sich lenken. Foto: Thinkstock

Zniut bedeutet wörtlich Bescheidenheit und Demut. Man bezieht den Begriff oft auf die Art und Weise, wie sich jüdische Frauen und Mädchen nach traditioneller Weise kleiden. Das wesentliche Kriterium von Zniut in Bezug auf Kleidung ist, dass ein Jude nicht durch seine Garderobe übermäßige Aufmerksamkeit auf sich ziehen soll. Dies bedeutet nicht, dass man sich schlecht kleiden soll, sondern, dass weder Männer noch Frauen in irgendeiner Weise ihre körperliche Erscheinung über Gebühr betonen sollten. Sich respektabel zu kleiden, heißt, sich »ziniesdig« zu kleiden.

Das traditionelle Judentum verlangt, dass sowohl Männer als auch Frauen das Wesentliche ihrer Körper einschließlich Haupt, Ellbogen, Knie und Dekolleté in der Öffentlichkeit bedecken.

Bescheidenheit Zniut ist aber auch eine Tugend, die sich auf die Art und Weise des Benehmens und Handelns aller Juden gegenüber ihren Mitmenschen bezieht. Oft werden Bescheidenheit und Demut mit der Unterdrückung von Gefühlen, mit mangelndem Selbstwertgefühl oder Inkompetenz gleichgesetzt. Das Judentum hält aber die Bescheidenheit für die Voraussetzung für wahre Religionsausübung. Und dies gilt für beiderlei Geschlecht!

Die Idee ist recht anschaulich im Buch des Propheten Micha zu finden: »Was verlangt G’tt von dir? Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich G’ttes Wort halten; Liebe und Gerechtigkeit zu üben und bescheiden mit G’tt zu wandeln« (6,8).

Demut Einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung von Zniut finden wir im Buch Mischle (Sprüche): »Wo Stolz ist, da ist auch Schmach; aber Weisheit ist bei den Demütigen« (11,2). Wir sollen uns durch Würde und Demut bewusst werden, dass wir uns ständig in der Gegenwart G’ttes befinden. Bescheidenheit hilft uns, die Fähigkeit zu entwickeln, regelmäßig darüber nachzudenken, wie wir unser Leben am sinnvollsten gestalten.

Viele Menschen sind darauf aus, die Anerkennung und Aufmerksamkeit anderer zu gewinnen, anstatt das zu tun, was im Sinne der Mizwot, der Gebote, wichtig ist. Je mehr wir versuchen, unser Selbstwertgefühl von der Zustimmung der Menschen um uns herum abhängig zu machen, desto mehr geben wir unser Leben aus der Hand. Wir können Bescheidenheit entwickeln, indem wir unsere inneren Werte prüfen und verfeinern, anstatt immer nur nach Anerkennung von außen zu trachten.

Würde Zniut ist das Attribut unserer Würde, wenn wir uns von anderen differenzieren. Mit Zniut demonstrieren wir der Welt, dass wir ein heiliges Gefäß versinnbildlichen, das nicht nur aus Körper, sondern auch aus Seele besteht. Zniut ist eine Form der Keduscha, der Heiligkeit. Ja, eine Heiligung unseres ganzen Seins. Jemand, der wahre Bescheidenheit verkörpert, hat bereits ein inneres Gefühl der Sicherheit, des Selbstwertgefühls und einen Sinn im Leben entwickelt.

Zniut ist eine Beschaffenheit des Geistes. Mehr als eine Frage von Körperlichkeit ist es auch die Erkenntnis, dass jeder Mensch ständig in der Gegenwart G’ttes wandelt und entsprechend handeln und agieren muss.

Zniut bedeutet Mäßigung und Bescheidenheit in allen Lebensbereichen, sei es eine angemessene Sprache und Stimme, Höflichkeit gegenüber den Mitmenschen, Kleidung, Ehrlichkeit, Bescheidenheit in Bezug auf weltliche Güter, Geduld, Anstand und Respekt sowie Wertschätzung zwischen Ehemann und Ehefrau.

Letztlich bereitet jeder Jude G’tt und seinen Mitmenschen durch Zniut ein Nachat Ruach, eine spirituelle Harmonie, Vergnügen und damit Frieden, Sicherheit und Einheit für Klal Jisrael, für das ganze Volk Israel.