Glossar

Tuma und Tahara

Ort der Reinigung: Mikwe Foto: Marco Limberg

Haben Sie heute zufälligerweise eine Fliege erschlagen oder waren auf einem Friedhof? Gäbe es den heiligen Tempel in Jerusalem noch, in dem die Schechina (Präsenz G’ttes) weilte, dann wäre es Ihnen danach nicht erlaubt gewesen, ihn einfach so zu betreten.

Denn die Gottesfürchtigen mussten genaue Anleitungen befolgen, um in einem spirituell reinen Zustand zu sein (Tahara), bevor sie sich der Schechina näherten. Noch mehr traf das auf die Priester zu. Diese Regeln finden wir detailliert im 3. Buch Mose. Obwohl der Tempel nicht mehr steht, gibt es immer noch einige, die nichts an Relevanz verloren haben.

Seele Der Grund ist, dass unser Körper der Tempel unserer Seele, also ein Funken des G’ttlichen, ist und ebenfalls in einem reinen spirituellen Zustand verweilen sollte. Aber jeder von uns kommt in Situationen, die uns tameh (unrein) machen. Es gibt unterschiedliche Arten von Tuma (spirituelle Unreinheit): Sei es der Toilettengang oder das Berühren eines unkoscheren Tieres (3.Buch Mose 11, 29–32). In diesen Fällen genügt es, wenn wir die Hände mit Wasser waschen und den entsprechenden Segensspruch sagen.

Der Nidda-Status der Frau, eine stärkere Form von Tuma, erfordert hingegen das komplette Eintauchen in die Mikwe, um wieder einen Tahara-Status zu erlangen (3. Buch Mose 15). Sollte ihr Mann sie zufällig berühren, so wird auch er tameh und muss in die Mikwe. Die höchste Form von Tuma ist zweifellos Tumat Met. Das heißt, sowohl der tote Körper selbst ist tameh, als auch die Person, die mit ihm in Berührung kommt. Wie auch bei einer Frau, die nidda ist, hat dieser Status nichts mit hygienischer Sauberkeit zu tun, sondern ist ein rein spirituelles Konzept.

Leichnam Obwohl im Tanach nichts Konkretes über die spezifische Behandlung des Leichnams erwähnt wird, haben unsere Weisen festgelegt, dass es wichtig ist, eine rituelle Waschung zu vollziehen, damit der leblose Körper wieder eine Form von Tahara erhält. Abgeleitet wird das vom Vers: »Wie er nackt aus dem Leib seiner Mutter gekommen ist, so fährt er wieder hin« (Kohelet 5,14). Der Leichnam soll so gründlich gewaschen werden wie ein Neugeborenes.

Unsere Weisen verbinden nämlich mit dem Begriff des Wassers das Leben und Gan Eden, den Inbegriff unendlichen Lebens und absoluter Reinheit. Der Talmud Jeruschalmi erklärt uns, dass G’tt alles Leben aus dem Wasser erschaffen hat (Chagiga 2,1). Des Weiteren erzählt ein Midrasch, dass Adam nach der Vertreibung aus dem Paradies 130 Jahre lang in einem Fluss saß, um Buße zu tun und damit eine Verbindung zum Paradies aufrechtzuerhalten.

Die Waschung des Leichnams ermöglicht es also, wieder einen reinen geistigen Status zu erlangen, den nur Adam und Eva im Paradies hatten (bevor sie die Sünde begingen). Folglich wird der gewaschene Körper wieder tahor (rein). Eine Frau, die nidda ist, muss aus ähnlichem Grund in die Mikwe. Die Tatsache, dass die Frau ihre Monatsregel bekommen hat, bedeutet biologisch und spirituell den Verlust potenziellen Lebens, das sie hätte austragen können.

Nidda Es stellt sich die Frage, warum auch Frauen nach der Geburt nidda sind, obwohl sie Leben geschenkt haben? Das hat mit der Tatsache zu tun, dass aus ihrem Körper Leben ausgeschieden wurde.

Bis heute haben Kohanim einen Sonderstatus, was die spirituellen Reinheitsgebote angeht, und müssen sich an zusätzliche Regeln halten, die für andere Juden nicht notwendig sind. Wenn der Tempel eines Tages wieder aufgerichtet wird, müssen die Kohanim spirituell rein sein, um ihre Funktion wieder aufnehmen zu können. Sie dürfen deshalb unter keinen Umständen mit Toten in Berührung kommen (ausgeschlossen sind die engsten Familienmitglieder) und auch keine geschiedene Frau oder Konvertitin heiraten (3. Buch Mose 21, 1,3,11).

Tuma ist nichts Schlimmes, Gefährliches oder gar Schmutziges. Sondern einfach ein geistiger Zustand, der danach verlangt, wieder Tahara (geistige Reinheit) zu erlangen und dem Tempel unserer Seele zu huldigen.