Alle jüdischen Feste haben ihre kleinen und großen Symbole (hebräisch: »Simanim«), die für etwas Positives stehen, das wir vom Feiertag mitnehmen möchten. Diese Simanim verbinden uns emotional besonders mit einem Fest. So sind es bei Schawuot milchige, für Chanukka in Öl zubereitete Speisen, und an Rosch Haschana sind es der Kopf eines Fisches sowie Apfelstücke in Honig. Jeder könnte leicht viele Simanim hinzufügen, die er kennt.
Kostüme Die augenfälligsten Symbole für Purim sind in unseren Breiten ohne jeden Zweifel die Hamantaschen und die Kostüme, die Erwachsene und Kinder tragen. Das Verkleiden ist ein fester Bestandteil von Purim. Sogar das Verbot, »ein Mann solle sich nicht anziehen wie eine Frau« (5. Buch Moses 22,5), gilt an diesem Tag als aufgehoben. Viele regionale Bräuche kommen hinzu. So wird in einigen Gegenden etwa eine Haman-Figur verprügelt.
Wie weit der Brauch des Verkleidens tatsächlich zurückreicht, ist schwer auszumachen, auch wenn er inzwischen eine zufriedenstellende Deutung erhalten hat: Die Maskerade erinnere daran, dass auch G’tt unerkannt das jüdische Volk zu Purim beschützt habe. Der Name G’ttes taucht in der Megilla nicht auf. Der Brauch des Verkleidens allerdings auch nicht. Ebenso wenig im Traktat Megilla der Mischna oder im Talmud.
Verkleiden Der erste schriftliche Beleg für das Verkleiden an Purim begegnet uns im 15. Jahrhundert in Italien. Rabbiner Jehuda Mintz (1405–1508) aus Padua – die Stadt liegt rund 35 Kilometer südwestlich von Venedig, das für seinen Karneval bekannt ist – beschäftigt sich mit der Frage, ob man diesen Brauch erlauben sollte. Wie lange das Kostümieren zu dieser Zeit schon üblich ist, oder ob es sich um einen neuen Brauch handelt, erwähnt der Rabbi nicht.
Was wir jedoch heute wissen, ist, dass er das Tragen von Verkleidungen und Masken erlaubt. Sogar dann, wenn sich ein Mann anzieht wie eine Frau. Das wiederum ist bekannt, weil es Mosche Isserles (1525–1572) in seinem Kommentar zum Schulchan Aruch zitiert (zu Orach Chajim 696,8).
Daraus könnte man nun schließen, das Verkleiden an Purim stamme aus Italien. Doch mit Bestimmtheit lässt sich das nicht sagen. Möglicherweise könnte es nämlich die koschere Version einiger Bräuche des babylonischen Frühlingsfestes Zagmuk sein. Hinter der Geschichte des Festes steht, dass die Fruchtbarkeitsgöttin Ischtar mit Marduk, dem Hüter des Himmels, gegen den Herrscher der Unterwelt kämpft und am Ende gewinnt.
Neujahr Die Babylonier nahmen an, dass an ihrem Neujahr im März oder April Lose über das Schicksal der Menschen im kommenden Jahr geworfen wurden. Zu diesem Fest gehörte es wohl, sich zu verkleiden. Aber auch das ist ebenfalls nur eine Vermutung.
Nach Ansicht von Rabbiner Elijahu ben Binjamin Wolf Schapiro (1660–1712) aus Prag, der ebenfalls einen Kommentar zum Schulchan Aruch geschrieben hat, erinnert die Verkleidung an einen Satz aus der Megilla: »Als Mordechai den König verließ, trug er ein königliches Gewand aus violettem Purpur und weißem Leinen.«
Mit der Zeit haben sich viele Erklärungsschichten übereinandergelegt. Vielleicht passt eine weitere Deutung ganz gut in die heutige Zeit. Sie bezieht sich auf die »Matanot lewjonim«, die Geschenke für die Armen. Man verkleidet sich, um gerade an Purim möglichst viel geben zu können und muss so niemanden beschämen, der es sich nicht leisten kann, viel zu geben.