Beim Übertritt zum Judentum wählen sich Frauen und Männer einen neuen Vornamen. So wird zum Beispiel aus einer Christiane eine Judith und aus einem Felix ein Elijahu. Jede Wahl wird von besonderen Umständen bestimmt. Sie zu erforschen, ist mitunter nicht uninteressant. Durch eine Namensänderung dokumentieren Konvertiten (hebräisch: Gerim) den Abschluss einer Metamorphose, für die sie sich freiwillig entschieden haben. Wie Sozialwissenschaftler herausgefunden haben, verweist jede Namensänderung auf eine neue Identität.
Auch Menschen, die schon als Juden geboren wurden, steht die Möglichkeit einer Namensänderung (hebräisch: Schinui Schem) offen. So lesen wir bei Maimonides, dem Rambam (1135–1204): »Zu den Verhaltensweisen der Umkehr gehört, dass der Bußfertige immer mit Tränen und in Innigkeit vor G’tt bete, nach seinem Vermögen Wohltaten übe, sich vollkommen von der Sache fernhalte, durch die er sich versündigt hat, und seinen Namen ändere, um damit gewissermaßen zu sagen, dass er ein anderer geworden und nicht mehr der Mensch ist, der jene Handlung begangen hat« (Hilchot Teschuwa 2,4).
Umkehr Natürlich wird ein Jude nicht bei jeder Umkehr von einer Sünde gleich seinen Namen ändern. Aber manchmal mag ein solch drastischer Schritt sehr hilfreich sein und einen Neubeginn markieren.
In unserer Zeit wird eine Namensänderung hauptsächlich im Falle einer schweren Erkrankung praktiziert. Man pflegt dem Erkrankten einen weiteren Vornamen zu geben, um sein Schicksal zum Besseren zu wenden.
Diesen Brauch erwähnt Rabbiner Mosche Isserles (1525–1572) in seinen Glossen zum Schulchan Aruch (Jore Dea 335, 10). So wird zum Beispiel aus einem Abraham ein Raphael Abraham und aus einer Rachel eine Chaja Rachel. Rabbiner Baruch Pinchas Goldberg (1911–1984) listet in seinem Buch Pne Baruch 35 Psalmen auf, die bei der Zeremonie einer Namensänderung zu sprechen sind. Leben die Erkrankten danach mehr als 30 Tage mit ihrem neuen Namen, so bleibt dieser bestehen und soll später sogar auf dem Grabstein verzeichnet werden.
Eltern Im Kizzur Schulchan Aruch von Rabbiner Schlomo Ganzfried (1804–1886) steht eine merkwürdige Vorschrift: »Wer darauf Wert legt, achte darauf, nicht eine Frau zu nehmen, deren Name gleich dem Namen seiner Mutter ist« (145,8). Diese Vorschrift ist aus dem Testament von Rav Jehuda HaChassid aus Regensburg (1150–1217) übernommen. In dieser mittelalterlichen Quelle steht, dass ein Mann nicht eine Frau heiraten soll, deren Vater genauso heißt wie er.
Es drängt sich die Frage auf, was Rav Jehuda HaChassid zu den erwähnten Verboten angeregt haben mag, die beide nicht im Talmud erwähnt sind. Eine Vermutung, die in der Literatur vorgetragen worden ist, bezieht sich auf die Vorschrift, dass Kinder ihre Eltern aus Ehrfurcht nicht beim Vornamen nennen sollen (Moses Maimonides, Hilchot Mamrim 6,3). Aus diesem Grund erscheint es nicht unproblematisch, wenn Mutter und Ehefrau denselben Namen tragen. Denn wie soll der Mann dann seine Frau rufen? Und wie soll die Frau ihren Mann ansprechen, wenn er genauso heißt wie ihr Vater? In solchen Fällen verbietet Ehrfurcht vor den Eltern den Gebrauch des Namens des Ehegatten beziehungsweise der Ehefrau.
Was machen Leute, die die Anweisung des frommen Gelehrten aus Regensburg beachten wollen (was nach Ansicht einiger Halachisten nicht erforderlich ist)? Hat die Braut denselben Namen wie die Mutter des Bräutigams, dann führt sie eine Namensänderung durch, und schon kann geheiratet werden. Und wenn der Vater der Braut so heißt wie der Bräutigam, so schafft eine Namensänderung des Bräutigams das Ehehindernis elegant aus der Welt. Zwar gefällt diese Lösung des Problems Rabbiner Baruch Epstein (1860–1941) offensichtlich nicht (Tora Temima zu Bereschit 32, Anm. 4), aber in der Praxis hat sie sich in solchen Fällen durchgesetzt.