Chanukka gehört zu den beliebtesten Festen des Jahres. Der Zugang zum Fest ist leicht, und die Symbole und Bräuche der acht Tage sind uns wohlbekannt und gut dokumentiert. Öffentliche Veranstaltungen mit feierlichem Lichterzünden gehören in großen Städten mittlerweile zum guten Ton. Aber ganz gleich, ob man es zu Hause oder auf einem großen Platz tut, allem Kerzenzünden ist der Ablauf gemeinsam.
An den acht Abenden zündet man jeweils ein zusätzliches Licht an, bis zum Schluss acht Kerzen brennen. Aber es sind am Ende gar nicht acht Kerzen, sondern neun. Denn man zündet immer eine zusätzlich mit an. Sie wird »Schamasch«, also »Diener«, genannt. Man zündet sie immer vor den eigentlichen Chanukkakerzen an. Meist steht sie etwas erhöht oder zumindest irgendwie abgesondert. Der Grund für den Schamasch wird bereits im Talmud erwähnt. Allerdings heißt die Kerze dort noch nicht so. Doch der Reihe nach.
Licht Chanukka begegnet uns im Talmud im Traktat Schabbat. In einem Teil, der sich ausführlich mit den Schabbatkerzen beschäftigt, wird auch Chanukka diskutiert. Und so heißt es über das Chanukkalicht: »We’asur lehischtamesch le’ora« – »es ist untersagt, das Licht zu nutzen« (Schabbat 21b).
Dieses Nutzungsverbot begegnet uns auch in dem Text »Hanerot Hallalu«, der unmittelbar nach dem Kerzenzünden gesagt wird und aus dem rabbinischen Traktat Sofrim (3) stammt: »We’ejn lanu reschut lehischtamesch bahem« – »es ist uns nicht erlaubt, sie zu benützen.« Die Lichter sind also keine Lichtquelle und dürfen auch nicht als Lichtquelle verwendet werden. Die Lichter an sich sind die Mizwa.
Schulchan Aruch Der Talmud sagt an dieser Stelle, dass man in ihrem Licht keine Münzen zählen darf. Spätere Entscheider veranschaulichten das Verbot und fügten andere Aktivitäten hinzu. So verbieten Maimonides, der Rambam (1138–1204), in seinen Hilchot Megilla waChanukka (4,6) und Rabbiner Josef Karo (1488–1575) in seinem Schulchan Aruch (Orach Chajim 673,3) sogar, heilige Dinge im Chanukkalicht zu tun, etwa Tora zu lernen. Ganz ausgeschlossen ist also auch, ein Chanukkalicht mit einem anderen zu zünden.
Um dieses Dilemma aufzulösen, wird im Talmud dann aber, an etwas späterer Stelle auf dem gleichen Blatt, von Rawa gesagt: »Man muss ein anderes Licht zünden, dessen Licht man nützen kann.« Dieses Licht, so wird es später, etwa im Schulchan Aruch (Orach Chajim 671,5), geregelt, sollte abgesondert von den anderen Lichtern sein. So ist sichergestellt, dass man es nicht mit den Lichtern verwechselt, die man zur Erfüllung der Mizwa zündet. Schamasch heißt dieses Licht hier aber immer noch nicht. Vielmehr wird es zunächst in der halachischen Literatur »Ner Nosef« (zusätzliches Licht) genannt.
Rabbi Mosche Isserles In einem Kommentar zum Schulchan Aruch von Rabbi Mosche Isserles, dem Rema (1525–1572), liest man dann: »In diesen Ländern ist es nicht Brauch, ein zusätzliches Licht hinzuzufügen, sondern man macht das mit dem Schamasch, mit dem man die Kerzen zündet, das ist vorzuziehen« (Orach Chajim 673,1).
Bei den aschkenasischen Juden Polens, Rabbi Isserles Land, war der Schamasch also bereits ein fest installierter Brauch. Der Rema fügt übrigens auch hinzu, dass der Schamasch länger sein soll als die anderen Kerzen. So erklärt sich, warum auf vielen Spielarten der Chanukkia die Befestigung für den Schamasch etwas erhöht ist.