Glossar

Rimonim

Krone mit Glöckchen: Rimon Foto: Thinkstock

Nach der Toralesung folgen in der Regel zwei weitere ehrenvolle Aufgaben: das Hochheben und Festhalten der Tora sowie das »Bekleiden« der Tora mit Mantel, Schild und den Kronen. Diese Kronen, die man auf die Stäbe setzt, mit denen die Tora gerollt wird, werden auch Rimonim genannt. In manchen Gemeinden wird auf beide Stäbe eine gemeinsame Krone gesetzt.

Granatäpfel Das Wort »Rimonim« bedeutet nicht etwa »Kronen«, sondern »Granatäpfel«. In vielen Gemeinden sind an diesen Rimonim kleine Glöckchen befestigt – sie sind der Schlüssel für die Erklärung, warum die Torakronen Rimonim genannt werden. Denn diese Glöckchen erinnern in der Form tatsächlich ein wenig an kleine Granatäpfel und lassen eine Querverbindung zum Dienst im Tempel zu. Bereits in der Tora wird beschrieben (2. Buch Mose 28, 33–34 und 39, 24–26), dass die Priester im Tempel am Saum ihrer Gewänder kleine Granatäpfel befestigen sollten.

Im Jahr 1979 tauchte ein solcher etwa daumengroßer Granatapfel aus Elfenbein in Israel auf, den man auf die Zeit des ersten Tempels datierte. Diese Herleitung ist allerdings nur durch die Interpretation belegt. Es scheint sich um einen Brauch zu handeln, der zwar sehr weit in der Geschichte zurückgeht, aber ansonsten kaum dokumentiert ist. Eine der frühesten Erwähnungen scheint sich bei Maimonides, dem Rambam (1135–1204), zu finden. Er beschreibt in seiner Mischne Tora (Hilchot Sefer Tora 10,4) kleine silberne Glöckchen, die man oben auf die Tora steckte.

Krone In der Sarajevo-Haggada, die um das Jahr 1350 in Spanien entstand, also im Umfeld des sefardischen Judentums, finden wir auf einer der fantastischen Bildseiten einen geöffneten Toraschrank. Darin sehen wir drei sefardische Torarollen und auf ihnen jeweils eine große Krone. Dies ist eines der ersten Bilder einer Krone auf einer Torarolle überhaupt.

Maimonides und die Sarajevo-Haggada sind sefardische Quellen. Aber nicht nur für die Sefarden ist der Brauch belegt. Auch ein Kommentator des Schulchan Aruch aus Polen beschreibt den Brauch: Rabbiner David haLewi Segal (1586–1667). In seinem Kommentar, genannt Turej Zahaw (abgekürzt Taz), spricht er sich allerdings gegen diesen Brauch aus, wenn man die Glöckchen am Schabbat zum Einsatz bringt (Jore Dea 282). Denn die Glöckchen erzeugen bei Bewegung einen Ton, und das gehört zu den Dingen, die man am Schabbat nicht tun dürfe. In späteren Kommentaren zum Schulchan Aruch wird dies wieder aufgegriffen – und erlaubt. Das ist ein guter Hinweis auf die weite Verbreitung dieses Brauchs, dessen wirkliche Herkunft wir nicht kennen.

Glöckchen Wir sind also heute auf eine schöne Interpretation angewiesen: Die Rimonim stünden dafür, dass die Tora ein »Baum des Lebens« (Etz Chajim) sei. Und dann gibt es noch eine Interpretation des talmudischen Satzes von Resch Lakisch, die zwar falsch, aber sehr populär ist: Es gebe unter Juden einfache Leute, die dennoch so voller Mizwot wären, wie der Granatapfel Kerne hat (Sanhedrin 37a). Daraus wurde die Sage, der Rimon hätte 613 Kerne – also genauso viele, wie die Tora Mizwot enthält. An beide Interpretationen erinnern die Glöckchen optisch und akustisch, wann immer die Tora durch die Reihen getragen wird.