Dass man Fleisch und Milch nicht mischen darf und beides strikt voneinander trennt, gehört zum Grundwissen über das Judentum. Diese Mizwa wurde abgeleitet aus dem Satz »Du sollst das Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen« (2. Buch Moses 23,19). Daraus wurde die Halacha, grundsätzlich Fleisch und Milch nicht zusammen zu kochen oder gar zu verzehren. Dies umfasst natürlich auch alle Produkte, die aus Fleisch oder Milch hergestellt werden.
Übrigens wird auch Geflügel als Fleisch betrachtet. Wer sich also um eine gewisse Observanz bemüht, der verzichtet auf diese Mischung und hält Wartezeiten zwischen den Mahlzeiten ein.
lachs Ein wenig schwerer abzuleiten ist der Brauch, Fisch und Milch nicht gemeinsam zu verzehren. In der Praxis würde dies bedeuten: Challe mit Lachs und Käse oder Butter ist nicht erlaubt! Die Suche nach den Quellen des Brauches, Fisch und Milch zu trennen, ist eine kleine Detektivarbeit. Denn diese Gepflogenheit leitet sich nicht direkt aus der Tora ab, sondern begegnet uns erst in der halachischen Literatur.
Im Talmud heißt es, man dürfe Fisch und Milch zusammen essen: »Jegliches Fleisch darf nicht mit Milch zusammen gekocht werden. Außer dem Fleisch des Fisches« (Chullin 103b).
Wie kommen wir also auf den Brauch, es doch nicht zu tun? Dies geht offenbar auf Rabbiner Josef Karo zurück (1488–1575), den Verfasser des Schulchan Aruch. In seinem Werk Beit Josef kommentiert er Ja’akow ben Aschers (1269–1343) Arba’ah Turim, kurz »Tur«, und stellt fest, dass es grundsätzlich wohl erlaubt sei, Milch und Fisch zu mischen. Überraschenderweise kommt er dann aber zu dem Schluss, dass es wohl doch nicht in Ordnung sei: »Fisch sollte nicht mit Milch gegessen werden, wegen der Gefahr, wie sie in Orach Chajim 173 beschrieben wird« (Jore Deah 87).
Die halachischen Werke haben viele Elemente des Internets mit Querverweisen und Diskussionen an anderer Stelle praktisch schon vorweggenommen und arbeiten ähnlich. Man müsste also nur dem »Link« zu Orach Chajim, eines Teils des Schulchan Aruch, folgen, um den Grund zu erfahren. An dieser Stelle geht es jedoch nicht um Fisch und Milch, sondern um Fisch und Fleisch.
Ausschlag Schon Rabbiner Mosche Isserles (1525–1572) geht in Darchej Mosche, seinem Kommentar zum Schulchan Aruch, davon aus, Milch und Fisch zu trennen, sei wohl im besten Falle ein Rechtschreibfehler. Tatsächlich gibt es nämlich die Ansicht, Fisch und Fleisch zu trennen. Bereits im Talmud wird darauf hingewiesen, dass es sein könnte, dass der Verzehr dieser Mischung zu Tza’arat führt (Pessachim 76b) – das ist schwerer Ausschlag, der nach der Tora Menschen und Häuser befallen kann. Es sei also eine Gefährdung der Gesundheit. Doch von Milch ist dort nicht die Rede.
Im sefardischen Judentum, wo Rabbiner Josef Karo eine sehr hohe Wertschätzung genießt, wird die Trennung stärker beachtet als im aschkenasischen Judentum. Einige schränken auch nur ein und verzichten auf Milch an sich, aber nicht auf Molkereiprodukte wie Butter oder Käse. Das ist vor allem dort üblich, wo diese Mischung eine gewisse Tradition hat. Wir erkennen also: Ein lang gepflegter Brauch – sei es lokal oder innerhalb eines Zweigs des Judentums – kann Halacha werden, auch wenn seine Ursprünge ziemlich unklar sind.