Viele jüdische Publikationen, die sich an ein religiöses Publikum wenden, beschäftigen sich mit »Chisuk« (deutsch: Stärkung). Meist handelt es sich dabei um den Text eines Rabbiners, der erklärt, wie beispielsweise Gebete mehr bewirken können oder was man für den Zusammenhalt der Familie oder der Gemeinde tun kann. Oft stellt der Autor einen Bezug zum Wochenabschnitt her oder zu einem anderen jüdischen Text, wie zum Beispiel einer Stelle aus dem Talmud oder einer Geschichte von einer vorbildlichen Person.
Stärkung Ziel der Chisuk-Texte ist es, die Leser spirituell und in ihrem religiösen Leben zu stärken. In einigen Gemeinden gibt es sogar Gruppen, die sich nur mit Chisuk beschäftigen und entsprechende Aktionen planen. In den USA werden auch Chisuk-Reisen nach Israel angeboten, bei denen man versucht, die befreundeten Gemeinden in Israel zu »stärken«.
Wenn man es modern ausdrücken wollte, könnte man »Chisuk« vielleicht etwas flapsig mit »Motivation« übertragen: Motivation zu einem engagierteren religiösen Leben. Das bezieht sich auf alle diejenigen, die bereits religiös leben. Wer noch nicht religiös lebt, wird vermutlich Ziel von »Kiruv« oder auch »Outreach«. Kiruv bedeutet »näherbringen« und ist eine Sammelbezeichnung für diejenigen Aktivitäten, die Juden dazu bringen sollen, sich einem religiösen Leben zuzuwenden oder sich einer bestimmten Synagoge anzuschließen.
In den USA findet man »Outreach« besonders häufig, weil die Gemeinden sich über Mitgliedsbeiträge finanzieren und deshalb auf Mitglieder angewiesen sind, wobei man natürlich zwischen Mitgliederwerbung und dem Verbreiten religiöser Ideale differenzieren muss. Kiruv kann auch einfach das Ziel haben, Juden zu einem religiösen Leben zu bringen.
Motivieren Wer »dabei« ist oder schon immer dabei war, der wird mit Chisuk »motiviert«. Das Wort »motivieren« greift, bei genauerer Betrachtung, aber dann doch zu kurz. Während »motivieren« vom lateinischen »movere« – bewegen – kommt, bezeichnet Chisuk einen anderen Aspekt. Der steckt schon in der Herkunft des Wortes, das sich von »chasak« (hebräisch: stark) ableitet.
Der Wunsch zur »Stärkung« begegnet uns bereits in der Tora. Dort sagt Mosche am Ende des Buches Dewarim (31, 7 und 23) zu Jehoschua: »Chasak we’ematz« (Sei stark und mutig!) – und an das gesamte Volk gerichtet (31,6): »Chisku weimtzu« (Seid stark und mutig!). Damit meint er: Nehmt die Tora ernst und tut das, was in ihr steht! Wer regelmäßig in die Synagoge geht, wird das im »Chasak, chasak« wiedererkennen, das man nach Abschluss eines jeden der fünf Bücher der Tora spricht.
Die Chisuk-Texte werden also mit der Absicht verfasst, die entsprechende Zielgruppe zu »bestärken«, was ein passendes deutsches Wort wäre – fernab der Ratschläge zur spirituellen Erbauung, die den Schlüssel zum Glück versprechen, wie man sie aus manchem Lifestyle-Magazin kennt. Ein Chisuk könnte in dieser Hinsicht der Rat sein, die Finger von derartigen Magazinen zu lassen und stattdessen lieber einen Text aus der Sparte »Chisuk« zu lesen.