Spaßmacher gibt es viele, aber ein Badchan ist mehr als das. »Bidach« bedeutet im Hebräischen »erheitern«, das Jiddische hat daraus den Badchen gemacht. Auch wenn die Wörterbücher nur spärliche Einträge unter diesem Stichwort verzeichnen, ist er doch eine wichtige Institution.
Eine traditionelle aschkenasische Hochzeitsfeier wäre ohne ihn einst undenkbar gewesen, und auch heute noch ist er auf chassidischen Hochzeiten überall auf der Welt zu finden. Vor allem in Osteuropa war der Badchan, wie man sagt, genauso unentbehrlich für die Hochzeitsfeier wie der Rabbiner für die Eheschließung. Seine Aufgabe ist es, Braut und Bräutigam zu erfreuen, und mit ihnen die Hochzeitsgäste.
Doch ein guter Badchan ist keiner, der plumpe Witze reißt, sondern jemand, dessen Humor durchaus tiefgründig ist, nicht selten sogar mit Zitaten aus der jüdischen Gelehrsamkeit. Er ist ein Gelegenheitsdichter ebenso wie ein Bänkelsänger, und bisweilen hat er auch die Aufgabe eines Marschalik inne: Er ist eine Art Zeremonienmeister, der als Festordner durch die Feierlichkeiten führt.
Schadchen Seine Späße beziehen sich meist auf die Hochzeitsgeschenke, von denen er eines nach dem anderen hochhält und kommentiert. Seine Reime können sich aber auch auf das Brautpaar selbst beziehen, wobei er bisweilen in die Rolle des Schmusers, also des Ehevermittlers, schlüpft, wie ein Beispiel von Louis Böhm (1910) zeigt: »Ja, der Schadchen denkt sich heute, Mühe hat’s genug gemacht, eh’ ich diese beiden Leute glücklich hab zusamm’n gebracht.«
Manchmal werden auch die diversen Hochzeitsgäste in die spaßigen Verse des Badchen mit einbezogen, indem er sie als »Hochzeitslader« zu Beginn des Festes noch einmal einzeln aufzählt und seine jeweiligen Kommentare dazu gibt. Wenn sich der eine oder andere Gast vielleicht über solche Scherze ärgern mag, dann kann er sich trösten mit dem Gedanken daran, dass es eine Mizwe ist, Braut und Bräutigam zu erfreuen, und dass er, wenn auch unfreiwillig, soeben seinen Beitrag dazu geleistet hat.
Nicht mit dem Badchen zu verwechseln ist der Kibitzer, der seine frechen Sprüche eher ungefragt anbringt und den man mit einem Zaungast vergleichen kann, denn er ist weder eingeladen noch angestellt. Seinen Namen hat er von dem gleichnamigen Vogel, der ebenso den Zuschauer und zumeist höchst unerwünschten Kommentator eines Kartenspiels bezeichnet.
Quälgeist Auch der Letz bezeichnet eine andere Kategorie von Scherzbolden. Im Mittelalter war der Letz eine Art Quälgeist, der Menschen nachäfft und verhöhnt. Später wurde daraus einer, der sich auf Kosten seiner Mitmenschen lustig macht, indem er über sie spottet oder sie gar verächtlich macht (von Hebräisch helitz: zum Gespött machen). Während ein Kibitzer lediglich lästig ist, kann der Letz ein äußerst unangenehmer Zeitgenosse sein. Mit einem Badchen haben sie beide nichts gemein.
Der »Beruf« des Badchen ist ein ehrenwerter, der Fingerspitzengefühl und sehr viel Takt voraussetzt, um durch geistreichen, aber gutmütigen Humor tatsächlich zur Freude und nicht etwa zur Verärgerung der Hochzeitsgesellschaft beizutragen. Badchanim sind seit langer Zeit bekannt, und ihre hohe Bedeutung mag man beispielsweise daran ablesen, dass im Jahre 1661, als man in Wilna gar zu ausschweifende Vergnügungen, auch bei Hochzeitsfeiern, verbot – den Badchan jedoch ausdrücklich von diesem Verbot ausnahm.
Sicherlich hat ein Badchan seinen traditionellen Platz zunächst bei Hochzeiten, aber auch im Purimspiel übt sich so mancher als Spaßmacher; und schließlich gelten die Auftritte der Badchanim auch als Vorläufer des jiddischen Theaters.
Badchanut, die Tätigkeit des Badchan, ist eine liebenswerte Tradition, die auch in unserer modernen, hochtechnisierten Welt ihren Platz hat – und heute vielleicht wichtiger ist denn je.