München

»Zerrissener denn je«

Journalist und Buchautor Richard C. Schneider Foto: Marina Maisel

Richard C. Schneider beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Nahostkonflikt, der israelischen Gesellschaft und der jüdischen Geschichte. Im Literaturhaus am Salvatorplatz hat der langjährige Chefkorrespondent des ARD-Studios in Tel Aviv (2006–2015) nun in einer gemeinsamen Veranstaltung der IKG München, der Stiftung Literaturhaus und des DVA-Verlags sein gerade erschienenes und ebenso informatives wie lesenswertes Buch Alltag im Ausnahmezustand. Mein Blick auf Israel vorgestellt.

Für eine intensive Beschäftigung mit der Thematik sorgte bei der lange vorher ausverkauften und bis auf den letzten Platz besetzten Buchpräsentation auch die Moderatorin des Abends, Gila Lustiger. Sie ist die Tochter des deutsch-jüdischen Historikers Arno Lustiger und selbst eine erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin und Journalistin. Eines ihrer Bücher, der Kriminal- und Gesellschaftsroman Die Schuld der anderen, wurde 2015 ein Bestseller.

Sicherheit In seinem neuen Buch porträtiert Richard C. Schneider Israel als ein Land, das hin- und hergerissen ist zwischen Normalität und Ausnahmezustand, zwischen Konsum und Krieg, zwischen der Sehnsucht nach Frieden und dem Bedürfnis nach Sicherheit. Für den Nahost-Kenner ist klar: »Die israelische Gesellschaft ist zerrissener denn je.«

Eine der zentralen Fragen seines Buches, die im Literaturhaus erörtert wurde: Was wird Israel in 30 Jahren sein? Ein demokratischer Staat aller Bürger? Ein jüdischer Staat mit demokratischen Zügen und Schutz von Minderheiten? Oder ein autoritär-theokratischer Staat? »Im Moment«, so Schneider, »scheint alles möglich zu sein.«

Der renommierte Journalist und Israelexperte ist der Überzeugung, dass eine neue Philosophie der Staatskunst, der Bewahrung von Demokratie, Liberalismus und Freiheit in Zeiten der Not und des Terrors und der digitalen Revolution notwendig wäre. Schneiders daraus resultierende Forderung: »Wir bräuchten dringend neue und ethisch verantwortliche Ansätze zur Lösung unserer globalen Probleme.« Europa sei in dieser Hinsicht ganz besonders gefordert.

Konflikte Das Leben in Israel ist nach Darstellung von Schneider intensiver, schneller, hektischer und bedrohter von innen und außen als irgendwo sonst im Westen. Die Konflikte, mit denen Israel seit Jahrzehnten konfrontiert ist, hätten inzwischen auch Europa und Deutschland erreicht: Wie geht man mit Terror um? Wie bekämpft und begegnet man dem Terrorismus? Wie schafft man es, eine multiethnische Gesellschaft zusammenzuhalten?

Faszinierend für Schneider ist dabei, dass man im jüdischen Staat ganz intensiv mitverfolgen könne, welche Fehler gemacht würden, aber auch, welche Lösungen man finde.

Richard C. Schneider: »Alltag im Ausnahmezustand: Mein Blick auf Israel«. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018, 304 S., 20 €

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024

Frankfurt

Dinner mit den »Zweiflers«

Die Jüdischen Filmtage überzeugen durch ein breites Spektrum an Angeboten

von Johanna Weiß  30.08.2024