Es war kein Gottesdienst wie jeder andere, der am vergangenen Freitag in der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Hannover gehalten wurde. Schließlich gab es etwas zu feiern: nämlich zehn Jahre Synagoge »Etz Chaim«.
Die Vorsitzende der rund 800 Mitglieder zählenden Gemeinde, Ingrid Wettberg, freut sich über die gelungene Jubiläumsfeier, die mit Gesängen von fünf Kantoren umrahmt wurde. »Es war sensationell.« Und noch ein zweites Zehnjähriges wurde begangen: Genau vor zehn Jahren wurde Gemeinderabbiner Gábor Lengyel in sein Amt eingeführt.
Osteuropa In der Feierstunde erinnerte die Gemeindevorsitzende daran, dass es nach der Schoa in Hannover nur noch 20 überlebende Juden gab. Heute gebe es wieder reges jüdisches Leben in Deutschland, vor allem durch zugewanderte Juden aus Osteuropa, sagt Wettberg. »Unsere Gemeinde hat fast 800 Mitglieder aus 18 Nationen. Wir verdanken den Menschen, die aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion gekommen sind, viel«, betonte Wettberg. In ihrer Rede sagte sie aber auch: »Die Freude darüber wird immer verbunden bleiben mit der Trauer über jene, die einen qualvollen Tod starben.«
»Wir waren die erste Gemeinde, die in eine umgewidmete Kirche gezogen ist.«Gemeindevorsitzende Ingrid Wettberg
Die Synagoge »Etz Chaim« wurde vor zehn Jahren in der 1968 erbauten Gustav-Adolf-Kirche eingerichtet, die 2007 entwidmet worden war. »Wir waren die erste Gemeinde, die in eine umgewidmete Kirche gezogen ist. Und das war eine gute Entscheidung«, sagte Wettberg der Jüdischen Allgemeinen. In Hannover fühle sich die Gemeinde sehr wohl. »Wir wurden gut aufgenommen.«
Bilanz Vor dem Umzug in die umgebaute Kirche hatte die Gemeinde Räume in einem Bürohaus gemietet. Seitdem ist die Zeit, auch zur Überraschung Wettbergs, wie im Flug vergangen. Die Gemeinde habe sich sehr gut entwickelt, und die Vorsitzende zieht eine positive Bilanz.
Besonders die Kinder- und Jugendarbeit steht im Mittelpunkt des Gemeindelebens. So gibt es einen Kindergarten mit 40 Plätzen und eine jüdische Bibliothek. Für die kommenden Jahre liegt Wettberg vor allem ein Punkt am Herzen: »Ich wünsche mir, dass die nächste Generation das, was wir aufgebaut haben, auch trägt.« Der Austausch mit Schülern in Hannover ist Wettberg ebenfalls wichtig. Allerdings lädt sie Klassen eher ein, in die Synagoge zu kommen, als zu ihnen in die Schule zu gehen, denn so bekommen sie die Möglichkeit, auch einmal eine Gemeinde zu besuchen und vor Ort zu erleben, was ihren Alltag und das religiöse Leben so ausmache. epd/kat