Herr Kämpfe, Sie haben in diesem Jahr zum ersten Mal die Jüdischen Kulturtage organisiert. Welche Bilanz ziehen Sie?
Zur Planung habe ich durchweg positive Resonanz bekommen. Auch der Ablauf hat gut funktioniert, 16 Veranstaltungen in neun Tagen sind nicht unanstrengend. Die Besucher waren jedenfalls begeistert. Ich glaube, ich darf sagen: Es war eine runde Sache.
Welchen Anteil am Erfolg hatte Ihr Programm und welchen das Renommee der Veranstaltung?
Beides trug dazu bei. Es waren große Schuhe, in die wir geschlüpft sind. Aber ich denke, wir haben den Anspruch erfüllt. Vor allem haben wir viele nichtjüdische Besucher mit jüdischer Kultur zusammengebracht. Das war das Ziel – daher auch das Motto »Shalom Berlin«. Das haben wir erreicht.
Wie wichtig sind die Jüdischen Kulturtage?
Sie haben eine immense Bedeutung. Gerade in einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Spaltung müssen wir zusammenrücken, zusammenfinden, einander auf einer friedlichen, menschlichen Ebene erkennen. Da kann Kultur ein Schlüssel, ein Vehikel sein.
Große Namen suchte man im Programm diesmal vergebens. Eine bewusste Entscheidung?
Abgesehen von Daniel Hope, einem Geiger von Weltrang, wollten wir tatsächlich in diesem Jahr andere Akzente setzen: Inhalte statt Namedropping. Damit haben wir offenbar einen Nerv getroffen. Nehmen Sie allein den Abend im Renaissancetheater zu jüdischem Humor und Musik – das waren keine internationalen Superstars auf der Bühne, aber tolle Künstler. Die 500 Karten waren im Nu ausverkauft. Die Nachfrage war aber dreimal so hoch.
2015 wurde die Veranstaltung abgesagt. Was lief mit Ihnen als neuem Künstlerischen Leiter anders?
Laut Staatsvertrag von 1987 unterstützt das Land Berlin die Kulturtage mit 255.000 Euro, hinzu kommt der Zuschuss der Gemeinde – ein Gesamtetat von 340.000 Euro inklusive Ticketeinnahmen. Das waren die Vorgaben. Gagen für internationale Stars waren da nicht drin. Von Problemen habe ich nichts gespürt – im Gegenteil: Ich hatte künstlerisch völlig freie Hand und ein engagiertes, unterstützendes Team an meiner Seite.
Was reizt Sie als Veranstaltungsprofi weitaus größerer internationaler Events an so einem vergleichsweise kleinen Rahmen?
Als Sohn einer jüdischen Mutter lag darin für mich eine ganz persönliche Herausforderung, emotional wie künstlerisch. Vielleicht ist es ja so, dass man mehr über seine Wurzeln nachdenkt, je älter man wird.
Und die künstlerische Herausforderung?
... liegt in der gewaltigen Bandbreite jüdischer Kultur. In so einem kurzen Zeitraum kann man ja nur kleine Ausschnitte zeigen. Aber die müssen dann ins Herz treffen.
Welche Veranstaltungen lagen Ihnen dabei besonders am Herzen?
Die kulturelle Aussage der drei monotheistischen Weltreligionen in »Klezmer trifft Derwisch trifft Meister Eckhart«, die Podiumsdiskussion über jüdische Identität heute, aber auch die Porträts älterer Menschen des Malers Moshe Alembik und seine Themen wie »Würde« und »Ausgrenzung« – all das streift dann eben auch relevante gesellschaftspolitische Aspekte. Diese Bandbreite möchte ich 2017 gern wiederholen.
Mit dem Intendanten der 29. Jüdischen Kulturtage sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.