Viel zu oft bekomme ich in jüdischen Gemeinden zu hören, dass uns Überalterung droht, dass die jungen Mitglieder aus den kleinen Städten wegziehen oder dass die Chewra Kadischa leider häufiger antreten muss, als der Rabbiner Simches durchführen kann. Vor diesem Hintergrund stehen die Gemeinden vor wesentlichen Existenzfragen: Brauchen wir wirklich neue Synagogen? Wer soll sie füllen?
Und dann wäre da noch das Problem mit dem entfachten Antisemitismus.
meilenstein Diese Fragen haben wir Konstanzer Juden am vergangenen Sonntag beantwortet. Sicher, eine Synagogen-Eröffnung ist nicht die Lösung der oben genannten Probleme. Aber sie ist dennoch ein wertvoller Meilenstein in dem Prozess, ein erfolgreiches Gemeindeleben zu etablieren – gerade in einer kleinen Stadt wie Konstanz –, und damit auch eine nachhaltige Lösungsstrategie zu verfolgen.
In den vergangenen zehn Jahren hat es die Synagogengemeinde Konstanz durch viel ehrenamtliches Engagement geschafft, zu einem einladenden Zuhause für Gemeindemitglieder und Besucher zu werden. Absolut entscheidend war dabei, dass sie vor allem für junge Mitglieder attraktiv wurde.
dynamik Knapp 20 Prozent der Mitglieder sind unter 35 Jahre alt. Durch ihren täglichen Einsatz, unter anderem im Vorstand, haben sie frische Dynamik in die Gemeinde gebracht – die wiederum die Älteren zu eigenem Engagement motivierte. Eine Win-win-Situation für alle. Die Eröffnung unserer neuen Synagoge ist somit auch ein Zeichen der Hoffnung für kleinere Gemeinden, die sich ihren Problemen stellen und nach Lösungen suchen müssen.
Ein Bauwerk allein wird das Judentum nicht attraktiver machen, das ist klar. Es sind die engagierten Menschen, die es mit Leben füllen. Es ist der Zusammenhalt, der uns verbindet – und der uns selbst gegen den Hass der Antisemiten immun macht.
Der Autor (28) ist Delegierter zum Oberrat der IRG Baden.