In der dunkelsten Stunde der deutschen Geschichte strahlte ihr Stern besonders hell: Menschen, die jüdischen Mitbürgern halfen und dabei ihr eigenes Leben und das ihrer Familie in die Waagschale warfen.
Vier Persönlichkeiten, für die Nächstenliebe auch im Schrecken des Dritten Reichs das Maß aller Dinge blieb, wurden nun im Bayerischen Landtag postum geehrt. Dem Ehepaar Alois und Maria Rauch sowie Stefan Steinbacher und seiner Mutter Therese aus Oberbayern wurde in einer bewegenden Feierstunde der Ehrentitel »Gerechte unter den Völkern« des Staates Israel verliehen.
Menschlichkeit Präsidentin Charlotte Knobloch kann den Wert der Auszeichnung aus eigenem Erleben besonders gut einordnen. »Ich selbst habe nur überlebt, weil sich meine Retter ihre Menschlichkeit bewahrt haben«, betonte sie beim Festakt. Als Kind war sie auf einem fränkischen Bauernhof vor den Nazis geschützt worden und überlebte die Schoa.
Die Lehre, die die Präsidentin aus der Geschichte des jüdischen Volkes und ihrer eigenen Erfahrung zieht, gab sie vor allem auch an die vielen jungen Menschen unter den Gästen weiter. »Wir brauchen die Erinnerung. Die Geschichte ist als Lehrmeisterin unersetzlich, um die heutige Generation gegenüber neuem Unrecht zu sensibilisieren«, sagte Knobloch. »Die Erinnerung immunisiert gegen Menschenverachtung und mobilisiert für politisches und gesellschaftliches Engagement.«
Alois und Maria Rauch sowie Stefan und Therese Steinbacher mussten weder sensibilisiert noch mobilisiert werden. Ohne zu zögern, ohne der Angst die Oberhand zu lassen, halfen sie Juden in einer Zeit, als Menschlichkeit ein Verbrechen war. Das Ehepaar Rauch aus Brucking versteckte die Jüdin Elfriede Seitz zwei Jahre lang vor den Nazis und rettete ihr so das Leben. Maria Theresia Gebhardt, die damals 13 Jahre alte Tochter des Ehepaars, und ihr Neffe Rudolf Rauch nahmen stellvertretend die Urkunde aus den Händen des israelischen Generalkonsuls Dan Shaham entgegen.
Engagement Die Auszeichnung »Gerechte unter den Völkern« nahm stellvertretend auch der Bildhauer Stefan Kuhnlein entgegen. Er ist der Urenkel von Therese Steinbacher, die zusammen mit ihrem Sohn Stefan der Jüdin Ilse Gehrweck und deren beiden Töchtern Barbara und Monika half. Auf ihrem kleinen Bauernhof bei Rosenheim entkamen Mutter und Töchter so den Nazis. Landtagspräsidentin Barbara Stamm würdigte das Engagement der Familie Steinbacher mit den Worten: »Wer sehen wollte, der konnte auch sehen.«
Im 60. Jahr des Bestehens der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem betonte Arik Rav-On, Yad-Vashem-Direktor für die Schweiz und die deutschsprachigen Länder, wie außerordentlich wichtig die Aufarbeitung des Massenmordes an sechs Millionen europäischen Juden nach wie vor ist. »Lassen Sie die Erinnerung nicht abreißen!«, mahnte er.