Alon Meyer läuft aufgekratzt zwischen den festlich gedeckten Tischen im großen Saal des Frankfurter Marriott-Hotels hin und her. Der rührige Präsident von Makkabi Deutschland begrüßt hier jemanden, plaudert dort ein wenig und posiert auch gerne einmal mit Freunden Arm in Arm für ein Foto. Meyer genießt diesen siebten Abend Chanukka sichtlich. Die Gala zum 50. Jubiläum des jüdischen Sportvereins am Main krönt nicht nur ein Jahr, das ihm, wie er es formulierte, beim Rückblick »pure Gänsehaut am ganzen Körper« verursachte.
Der Vereinspräsident erfreut sich auch an der Vielfalt unter den 600 Gästen, die das rege Leben im Klub, aber auch dessen Ansehen repräsentierten. Auf mittlerweile 1300 aktive Mitglieder in mehr als 25 Abteilungen ist Makkabi Frankfurt angewachsen, was vor allem daran liegt, dass die Verantwortlichen in jüngerer Vergangenheit die Türen weit aufgestoßen und immer wieder betont haben, dass jeder, egal aus welcher Kultur oder Nation, bei ihnen willkommen ist.
Pläne Ein solch offener Umgang kommt auch bei den Frankfurter Politikern gut an. So tanzen Stadtkämmerer Uwe Becker und Sportdezernent Markus Frank nicht nur gerne nach dem Entzünden der Kerzen am Chanukkaleuchter im Kreise der Makkabäer mit, sie haben auch eine äußerst gute Nachricht dabei: In den nächsten zwei bis drei Jahren soll sich der Wunsch des bislang ausschließlich auf fremdem Terrain ansässigen Sportvereins nach einer eigenen Heimstatt erfüllen.
Auf der Bezirkssportanlage im Stadtteil Dornbusch ist neben einem Kunstrasenplatz für die Fußballer ein eigenes Klubhaus geplant, in dem neben Umkleiden weitere Funktionsräume und Sportmöglichkeiten eingerichtet werden sollen. »Wir wollen ein Haus bauen, weil wir bleiben«, erklärt Meyer strahlend. Mit den Nachbarn habe man sich schon angefreundet.
Doch der Präsident von Makkabi Deutschland hat noch Größeres in Hessen vor: Er würde gern die Zentrale des Bundesverbandes von Köln in seine Heimat verlegen. »Frankfurt ist die Sportstadt schlechthin«, urteilt er. Zahlreiche Sportorganisationen hätten hier ihren Sitz, darunter der Deutsche Fußball-Bund und der Deutsche Olympische Sportbund. In diese Landschaft eingebettet zu sein, das würde den Makkabäern gut stehen. Die ersten Weichen sind gestellt. Doch vor einem Umzug eventuell sogar in die Otto-Fleck-Schneise, wo man in direkter Nachbarschaft zu den großen Sportverbänden sitzen würde, will Meyer sich erst einmal versichern, ob man in diesem illustren Kreis auch erwünscht ist.
Zweifel daran dürften kaum bestehen, hat sich doch nicht nur Makkabi Frankfurt viel Respekt verdient. Die European Maccabi Games im Sommer in Berlin haben, wie Meyer feststellt, »ein neues deutsch-jüdisches Selbstverständnis« erkennen lassen. Trotz aller Unkenrufe habe sich gezeigt, dass der Zeitpunkt, mit einer solchen Veranstaltung in Deutschland an die Öffentlichkeit zu gehen und damit Hemmungen zu überwinden, genau der richtige gewesen sei. »Darauf müssen wir aufbauen«, betont Meyer.
Präsenz In Frankfurt hat die Präsenz des jüdischen Sportvereins unter seiner Regie enorm zugenommen. So sind die verschiedenen Sportmannschaften wie die Basket- und Fußballer in ihren Ligen bestens unterwegs und feierten zuletzt Aufstieg und Erfolg. Darüber hinaus fährt seit März eine 50 Meter lange U-Bahn mit dem Vereinsemblem durch die Stadt.
Daneben engagieren sich die mit zahlreichen Partnern kooperierenden Makkabäer abseits des Wettkampf- und Turniersports auf den unterschiedlichsten Gebieten. So können etwa Frauen und Mädchen bei ihnen in einem Crashkurs Schwimmen lernen, und sie organisieren in allen Schulferien Sportcamps, an denen auch diejenigen teilnehmen dürfen, die sich derartige Freizeitvergnügen nicht leisten können. Aktuell richten sich die Angebote besonders an Flüchtlinge.
Doch selbst wenn damit bereits Beachtliches geleistet wurde und wird – für Meyer stellt die 50-Jahre-Marke »kein Ende, sondern einen Neuanfang« dar. Er und seine Mitstreiter möchten noch mehr Menschen für Toleranz, Integration und Völkerverständigung gewinnen, für das gemeinsame Sporttreiben, aber auch für das Miteinander in vielen anderen Bereichen des Alltags.
Gründerväter Mit der herzlichen Art, in der Alon Meyer sich an dem Gala-Abend bei seinen Unterstützern bedankt, dürfte ihm das nicht schwerfallen. Dabei vergisst er auch diejenigen nicht, die vor 50 Jahren die Samen säten, aus denen all das hervorgegangen ist. So bittet er die anwesenden Vereinsgründer zu sich auf das Parkett, darunter seinen Vater Wolfgang, den Meyer sehr innig umarmt. Es ist ein rührender Moment vor der Party, die nach dem offiziellen Teil begann.
Denn die Gala soll in allererster Linie ein Vergnügen sein. Bis in die frühen Morgenstunden wird dann auch gelacht, getanzt und auf die Herausforderungen im nächsten Jahr angestoßen. So soll erstmals eine deutsche Makkabiade stattfinden – im Mai in Duisburg. Bereits vor Ablauf der Bewerbungsfrist liegen 500 Anmeldungen für die Wettbewerbe in zwölf Sportarten vor. Und auch, wenn es nicht danach aussieht: Irgendwann muss selbst der lebhafte Vereinschef einmal müde geworden sein.