Auf das triste Grau des Himmels über der bayerischen Landeshauptstadt hatte die Organisatorin des Israeltages, Anat Rajber, keinen Einfluss. Trotzdem verwandelte sie den Münchner Odeonsplatz am 2. Juni wieder in ein weiß-blaues Festivalgelände.
Die Schirmherrschaft über die Geburtstagsparty für den jüdischen Staat, die auf Initiative des Vereins »ILI – I like Israel« bundesweit in vielen Städten gefeiert wird, hatten Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch übernommen.
Welchen Stellenwert Israel auf der einen Seite und die in München und Bayern lebenden Juden auf der anderen Seite haben, wurde durch die Anwesenheit von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) deutlich, der sich auch von Sprühregen nicht abschrecken ließ, am Odeonsplatz vorbeizuschauen.
In seinem Grußwort freute sich der Politiker darüber, dass das neue Generalkonsulat des Staates Israel in München beheimatet ist. Das sei eine Ehre, aber auch eine Verpflichtung. »Wir alle stehen gemeinsam in der Verantwortung«, sprach er die unverbrüchlichen deutsch-israelischen Beziehungen an, die für ihn nicht verhandelbar sind. Umso mehr freue er sich über die Vielfältigkeit, die der Staat Israel entwickelt habe und die sich am Israeltag auch am Odeonsplatz niederschlage.
Musik Koscheres Essen und Wein, Information und Diskussion, Musik und Tanz: So vielfältig war auch das Fest in der Münchner Altstadt. Bei aller Unbeschwertheit, die eine Geburtstagsfeier in der Regel mit sich bringt, schwingt beim Israeltag auch immer ein Stück Nachdenklichkeit mit. Das ist in der ehemaligen »Hauptstadt der Bewegung«, in der der Odeonsplatz von den Nazis für Aufmärsche benutzt wurde, unvermeidbar. Kultusminister Ludwig Spaenle sprach in seiner Rede von einem »Platz mit geschichtlicher Verantwortung«.
Den nicht zu trennenden Zusammenhang zwischen unverdaulicher deutscher Geschichte und Anlass zur Freude über das gelungene und langsam in die Jahre gekommene »Projekt Israel« griff auch IKG-Vorstandsmitglied und Stadtrat Marian Offman auf, der als Vertreter des Oberbürgermeisters auf der Bühne den offiziellen Startschuss zum Israeltag gab.
Projekte Offman erinnerte daran, dass 200.000 Juden aus vielen Teilen Europas nach dem Ende des Nazi-Terrors über die großen Lager in München und der Region nach Israel auswanderten und den neuen Staat mit aufgebaut haben. München habe etwas mit der Gründung des Staates Israel zu tun, schloss Offman. Die Stadt München, betonte der CSU-Politiker, sei sich ihrer besonderen Verantwortung im deutsch-israelisch-jüdischen Verhältnis bewusst.
Dafür stünden drei markante Projekte, die in jüngster Zeit verwirklicht worden seien: das Generalkonsulat, das NS-
Dokumentationszentrum und das Gemeindezentrum der IKG am Jakobsplatz in der Innenstadt. Welchen Besonderheiten die deutsch-israelischen Beziehungen unterliegen, darauf machte Schirmherrin Charlotte Knobloch bei ihrem Dank an die Initiatoren, Organisatoren, Helfer, Gäste und Freunde deutlich. Sie hätten mit der Feier zum Israeltag zusammen ein »kleines Stück Israel und ein großes und wertvolles Stück Freude und Freundschaft« geschaffen. Das gelte auch für die grundsätzlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. »Darum geht es: Freundschaft, Verbundenheit, Gemeinsamkeit.
Deutschland und Israel sind auf besondere Weise verflochten. Nicht wegen unserer Geschichte, sondern wegen unserer Gegenwart, den gemeinsamen Werten, den gemeinsamen Träumen und dem Wunsch nach einer pluralistischen freudvollen Welt«, sagte Charlotte Knobloch.
Sie betonte: »Israel ist ein Hort der Energie. Ein Kraftquell, ein Schmelztiegel positiven Spirits. Ein Jungbrunnen. Wo sonst sprudeln mehr Inspiration und Visionen als in der Start-up-Nation Israel, dem vielleicht innovativsten Land der Welt? Ein junger, kleiner Staat, dessen Menschen weltweit Maßstäbe in IT, Technologie, Medizin, Wissenschaft, Wirtschaft, Architektur, Literatur, Kunst und Kultur setzen.«
Realpolitik Zur Wirklichkeit der in vielen nationalen und internationalen Gremien tätigen IKG-Präsidentin gehört allerdings auch, dass die Realpolitik in Bezug auf Israel mit der eigentlichen Realität nichts zu tun hat. Ihre Kritik, die sie anlässlich des Israeltags äußerte, beinhaltete auch den Umgang der westlichen Politik mit Israel-Hassern wie den Machthabern im Iran oder Saudi-Arabien. Charlotte Knobloch sagte: »Das sind Staaten, die Israel das Existenzrecht absprechen und das Land auslöschen wollen, Menschenrechte missachten und freie Religionsausübung unterdrücken, aber an den Verhandlungstisch zurückgeholt werden.«
Die »Riedinger Trachtenkinder«, die schon zum festen Bestandteil des Israeltags geworden sind und mit ihrem Auftritt verdientermaßen großen Applaus bekamen, sind ein besonders originelles Beispiel für gelebte bayerisch-jüdische Gemeinsamkeit.
Mit Blick auf die Pegida-Auftritte, die gerichtlich erzwungenen AfD-Events mit Neonazi-Beteiligung im Münchner »Hofbräukeller«, den antisemitischen BDS-Agitato- ren, sagte Charlotte Knobloch: »Hass, Verachtung, Nationalismus und Antisemitismus sind wieder salonfähig.« Aber »wir kämpfen und wir beten für Frieden in Israel und für unseren Sieg über Hass und Hetze«.
Naher Osten Alle Redner, die bei der Feier auf der Bühne das Wort ergriffen, kamen an der Krisenlage im Nahen Osten und dem hohen Gefährdungspotenzial, dem sich Israel ausgesetzt sieht, nicht vorbei. Der Vize-Generalkonsul Yehonatan Glick, der ILI-Vorsitzende Sacha Stawski, der Unternehmer Yehoshua Chmiel, Buchautor Christian Seebauer, der Journalist Andreas Wittenzellner und Thomas Münz, Präsident der Zionistischen Organisation München, waren sich aber auch darin einig, dass Israel genügend Gründe habe, um Stolz auf die Geschichte des vergleichsweise jungen Staates zu sein.
Die Vielfalt der jüdisch-israelischen Kultur bewies auch das unterhaltsame Rahmenprogramm. Für die richtige Stimmung sorgten zudem das Klezmer-Trio Mame-Loshn, die IKG-Chöre »Simcha« und »Druschba-Chaverut«, der Solist Yored Sorek, Nikola David, der Kantor von Beth Shalom, DJ Yaniv Tal und Sharon Brauner & Karsten Troyke.