Eshkol Nevo, 1971 in Jerusalem geboren, gehört zu den wichtigsten Schriftstellern Israels. Seine Romane, die auch international große Beachtung finden, wurden vielfach ausgezeichnet. Jetzt stellte der Autor im Gespräch mit BR-Moderatorin Ilanit Spinner im IKG-Gemeindezentrum sein neuestes Werk Die einsamen Liebenden vor. Und, so viel sei schon jetzt verraten: Es wurde ein hoch unterhaltsamer Abend.
Politische Satire habe er zu Papier bringen wollen, als er der Einladung seines Vaters nach Sefad folgte, um dort in Ruhe arbeiten zu können, so Nevo im Gemeindezentrum. Dann berichtete er von seinen Spaziergängen und Beobachtungen, die er in einem nahezu ausschließlich von russischen Immigranten bewohnten Viertel unternommen hatte.
Liebesgeschichte Dabei habe er zufällig eine Mikwe gefunden, die die Initialzündung für seinen Roman gegeben habe. Politische Satire sei dabei nicht herausgekommen, sagte Ilanit Spinner mit erkennbarem Augenzwinkern: »Das Buch hat Passagen zum Lachen und Weinen. Es enthält dramatische Momente, ist zugleich eine Komödie und eine Liebesgeschichte. Von allem etwas.«
Die Geschichte, die Eshkol Nevo mit vielen Anspielungen auf jüdische Traditionen und Alltagskomik erzählt, spielt in der »Stadt der Gerechten«, einer Ansammlung von sympathischen Meschuggenen. Die Romanfigur Naim etwa, ein liebestrunkener arabischer Bauunternehmer, ist so einer. Er soll eine Mikwe bauen, wird aber stattdessen der Spionage verdächtigt und schafft es so, dass aus dem Tauchbecken ein Stundenhotel wird.
Derartige Sequenzen formen eine turbulente und witzige Komödie der Irrungen um Einwanderer und Einzelgänger, Reisende und Zurückkehrende, um Lebenskrisen und um die Suche nach Sinn, wenn der Glaube verloren gegangen ist. In Bezug auf die Mikwe, die für ihn der Ausgangspunkt des Romans war, legte Nevo allerdings auf eine Feststellung wert: »Ich war nicht an der Wahrheit interessiert, ich setzte auf meine Fantasie.«
Emotionen Das in Worte gefasste und gedruckte Produkt seiner Fantasie löse in fast jedem Land andere Reaktionen aus, verriet Nevo seinen Zuhörern in der IKG. Italienische Leser rezipierten eher die erotischen Stellen, Spanier würden sich eher zu Emotionen und Tränen hinreißen lassen, Polen erfreuten sich vor allem am Humor. Der Schriftsteller selbst meinte, sein Buch behandle vor allem die Frage: Was passiert, wenn die richtigen Personen im falschen Moment zusammenkommen? Oder ob es so etwas wie gerechtfertigte Sünden gibt?
Die einsamen Liebenden wurde in Israel eines der erfolgreichsten Bücher des Jahres. Das habe ihn selbst überrascht, sagte Nevo. Ilanit Spinner konnte ihm in dem kurzweiligen Gespräch auch noch entlocken, wie er Autor wurde. Auf einem Südamerikatrip, erzählte er, habe er seiner Freundin lange Briefe geschrieben und festgestellt, wie viel Spaß ihm das bereitet habe: »Ich habe daraufhin beschlossen, professioneller Lügner zu werden.«