Hoher Besuch im Kindergarten, aber die Kleinen lassen sich davon nicht verunsichern. David erklärt dem niedersächsischen Kultusminister Bernd Althusmann begeistert, dass er hier schon einen Freund gefunden habe. Auf dem Schoß von Sozialministerin Aygül Özkan kuschelt ein kleines Mädchen und singt ihr das Lied vor: »Wir sind Kinder einer Welt und pfeifen, wie es uns gefällt. Von Asien über Afrika – überall sind Kinder da.«
Gesungen wird auf Deutsch, im Gespräch hört man vereinzelt auch russische Worte. »Deutsch ist unsere offizielle Umgangssprache. Aber bei den Kleinen müssen wir noch ab und zu etwas auf Russisch erklären, sagt Kindergartenleiterin Ilona Pint. Der Sprachmix klappt ausgezeichnet, »denn so lernen alle Kinder Deutsch und die deutschsprachigen können auch schon sehr gut Russisch«, berichtet Gemeindevorsitzender Michael Fürst vergnügt.
konzept Die neu eröffnete Kindertagesstätte »Sternkinder« der Jüdischen Gemeinde Hannover ist ein Musterbeispiel für erfolgreiche Integrationsarbeit. Die Entwicklung der Kinder und ihre Vorbereitung auf die Schule soll durch ein umfassendes Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangebot gefördert werden. Zu den zentralen Aufgaben zählen die sprachliche und soziale Integration von Kindern mit Migrationshintergrund sowie die enge Zusammenarbeit mit den Familien, damit Erwerbstätigkeit und Kindererziehung vereinbar bleiben.
Ein Angebot, das ankommt und offensichtlich auch sehr gefragt ist. Die Warteliste für die Sternkinder reicht bereits für die nächsten zwei Jahre. Zurzeit besuchen zwei Gruppen mit insgesamt 40 Kindern den Hort, der am 1. Oktober seine Arbeit aufnahm. 15 Kinder im Alter von ein bis drei Jahren bilden die Krabbelgruppe, die 25 älteren Kinder sind zwischen drei und sechs Jahren alt.
»In Kürze werden wir noch zwei weitere Gruppen einrichten«, verspricht Michael Fürst. Platz gibt es ausreichend, und weiteres Personal ist eingeplant. Dabei ist eines der Gemeinde ganz wichtig: »Zu uns kann jeder kommen. Auch palästinensische Kinder«, betont Fürst. Die sind zwar noch nicht dabei, aber die Sternkinder bilden schon jetzt eine multikulturelle Gemeinschaft. Rund die Hälfte von ihnen ist jüdisch, die andere Hälfte setzt sich aus Christen sowie muslimischen Kindern zusammen. Auch das Team der sechs Erzieherinnen ist gemischt, mit drei deutschen und drei russischen Muttersprachlerinnen.
Ab Januar 2011 wird die frühkindliche Erziehung in Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen beginnen. Dazu gehören dann auch Hebräischunterricht und jüdische Erziehung, an der fakultativ auch die nichtjüdischen Kinder teilnehmen können. Das Essen jedoch ist für alle gleich: Drei Mahlzeiten pro Tag und koscher.
Unterstützung Neben der Politprominenz waren am vorvergangenen Mittwoch auch Landesrabbiner Jonah Sievers, der die Mesusa anbrachte, sowie seine neue Kollegin Alina Treiger aus Oldenburg gekommen. Aus Frankfurt war Benjamin Bloch angereist, der Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Er kam, so sagte er, sehr gern hierher, denn sein Großvater, Vater und Onkel stammen aus Hannover.
»Vor 30 Jahren hatte diese Gemeinde 500 Mitglieder, heute sind es 4.000.
Dieser Kindergarten ist ein Beispiel dafür, was die Integration bewerkstelligen kann. Und es ist wichtig, dass wir mit der Jugend arbeiten, denn sonst verlieren wir den Kontakt zu ihr«, begründet Bloch das Engagement der ZWSt. Wohlwollend schaut er sich in den bunten und kindgerecht ausgestatteten Räumen um, als ihm Elina Panafidina, die Vorsitzende des Trägervereins »Haeckis Zwerge«, für die Finanzierung der schönen Einrichtung dankte. Auch Michael Fürst dankte allen, »die uns unterstützt und gefördert haben. Vier Jahre haben wir gebraucht, bis alle Probleme gelöst waren.«
Mit der Eröffnung der Kindertagesstätte geht für die Gemeinde ein langgehegter Traum in Erfüllung, konnten doch so Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit in der stark gewachsenen Gemeinde geschaffen werden.
Das Gebäude für die Sternkinder stammt aus dem Jahr 1961, früher war hier einmal ein Kindergarten der Caritas untergebracht. Rund eine Million Euro kosteten die Aufstockung und Grundsanierung des Hauses. 200 Quadratmeter Raum und ein 600 Quadratmeter großes Außengelände mit Spielmöglichkeiten, Sandkasten und Klettergerüst stehen zur Verfügung.
Im ersten Stock wird das neue jüdische Jugendzentrum eingerichtet, das Anfang 2011 eröffnet werden soll. Eigentlich fehlt jetzt nur noch eine jüdische Schule? Aber da winkt der sonst so positiv eingestellte Michael Fürst energisch ab: »Nein, das wird Hannover nicht tragen.«