Seit mehr als zehn Jahren gehen die Kita-Kinder der Jüdischen Gemeinde Frankfurt zu Tu Bischwat in den Frankfurter Palmengarten, um dort Pfennigbäumchen zu pflanzen, die sie dann mit nach Hause nehmen dürfen. Sie lernen, warum Bäume für die Natur und die Menschen wichtig sind. Deshalb geht im Kindergarten regelmäßig und besonders in den nächsten Tagen eine KKL-Büchse herum.
Auch in der Lichtigfeld-Schule wird anlässlich des Feiertags zu Spenden für den KKL aufgerufen. Welche ökologische, aber auch ökonomische Bedeutung ein solider Baumbestand für Israel hat, lernen hier schon die jüngsten Schüler.
Diaspora Tu Bischwat – das Neujahr der Bäume und Pflanzen – markiert den Beginn der Pflanzzeit. Zumindest in Israel. Zwar feiern auch die Juden in der Diaspora tapfer mit, doch an eine Blütenpracht ist – mitten im Winter – hierzulande noch längst nicht zu denken. Was derzeit in Nutzgärten wächst, ist eher nahrhaft denn schmückend: Wer im Herbst fleißig gepflanzt hat, kann jetzt bereits Feldsalat oder Kohl, Wirsing, Schwarzwurzeln oder Lauch ernten. Ansonsten bieten sich jenen, die zur Tu-Bischwat-Zeit gärtnerisch tätig sein wollen, in Deutschland nicht viele Möglichkeiten.
Immerhin ist jetzt aber der rechte Moment, um Bäume zurückzuschneiden, Kompost vorzubereiten und fürs Frühjahr vorzusorgen: Wer kleine Töpfchen, Erde und Samen kauft, kann auf der Fensterbank schon mal Tomaten, Erdbeeren oder Paprika keimen lassen. Und mit ihnen die Hoffnung und Aussicht auf die wärmere Jahreszeit. Nach den sogenannten Eisheiligen im Mai werden die Pflänzchen auf den Balkon umgesiedelt oder im heimischen Garten eingebuddelt. Das mag aufwendig sein, aber der Genuss, eine selbstgezogene Frucht zu essen, ist ein besonderer.
Letzteres wissen auch die Erzieherinnen im Frankfurter Kindergarten Bereschit. »Zu Tu Bischwat pflanzen wir gemeinsam Blumen, ziehen Kresse und Bohnen«, berichtet Marina Maisinger. »Die Kinder finden es faszinierend, wenn sie sehen, wie eine Pflanze entsteht.« Selbstgezogene Kresse schmeckt auf dem Butterbrot mit Salz gleich doppelt so gut.
Schrebergarten Wie innig eine Beziehung zwischen Mensch und Baum sein kann, hat der wahrscheinlich berühmteste jüdische Gärtner, der Schriftsteller Wladimir Kaminer, beschrieben.
In seinem Buch Mein Leben im Schrebergarten berichtet er von dieser Zuneigung, die mit Langeweile im Büro ihren Anfang genommen hatte: Kaminers Vater hatte Zitronenkerne in die Erde eines Topfes gedrückt, in dem nur ein vertrocknetes Veilchen vor sich hin vegetierte. Mit Erfolg: Aus dem Kern wurde ein Bäumchen, das irgendwann gar drei Zitronen hervorbrachte.
»Mein Vater verehrte die Früchte geradezu«, schreibt Kaminer, »er verschenkte sie an Familienangehörige – mit einem Gesichtsausdruck, als wären sie ihm am eigenen Körper gewachsen.« Irgendwann schwand das Bäumchen, aber ein Kern aus seiner letzten Zitrone verhalf zur Neuzucht. »Der Sinn im Leben meines Vaters war nachgewachsen«, schreibt Kaminer. »Manchmal denke ich, mein Vater und dieser Baum gehören zusammen.« Ein Baum ist eben mehr als nur ein Sauerstoffproduzent.