Der frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Jerzy Kanal, ist am Mittwoch in Berlin beigesetzt worden. An der Beerdigung auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik, Gemeinde und Gesellschaft teil, darunter auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann.
Jerzy Kanal war am Samstagmorgen im Kreise seiner Familie in Berlin gestorben.
zentralrat Am Montag, nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tode Jerzy Kanals sel. A. hatte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erklärt: »Jerzy Kanal sel. A. gehörte zu jenen Menschen, die das jüdische Leben in Berlin wieder mit aufbauten. Nach dem Tod von Heinz Galinski sel. A. 1992 war er sofort bereit, die Verantwortung zu übernehmen und als Vorsitzender die Geschicke der Gemeinde zu lenken. Bis ins hohe Alter setzte er sich für die jüdische Gemeinschaft ein. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster.
Kanal wurde 1921 im polnischen Blaszki geboren. Er überlebte das Warschauer Ghetto und Auschwitz, kam 1953 nach Berlin. Nach vielen Jahren im Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu Berlin war er von 1992 bis 1997 deren Vorsitzender sowie von 1990 bis 1997 Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden. Kurzzeitig, von Januar bis Juni 1997, hatte Kanal sel. A. auch das Amt des Zentralratsvizepräsidenten inne. »Sein Name wird immer mit der Einweihung der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße verbunden bleiben«, betonte Schuster.
Gemeinde Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, nannte Kanal eine der »herausragenden Persönlichkeiten der ersten Stunde«. Neben dem ehemaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, sei er eine der tragenden Säulen der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gewesen. Gemeinsam mit seinem engen Wegbegleiter und Freund Galinski, dessen Amtsnachfolger als Gemeindevorsitzender er war, habe er die Berliner Jüdische Gemeinde nach dem Krieg wieder aufgebaut.
Als Gemeindevorsitzender hatte er nach Angaben der Gemeinde unter anderem den Staatsvertrag mit dem Land Berlin verhandelt und unterschrieben. Der Vertrag regelte erstmals verbindlich die Beziehungen des Bundeslandes zur Gemeinde. »Die Jüdische Gemeinde zu Berlin wird ihm in großer Dankbarkeit ein ehrendes Andenken bewahren«, so Joffe weiter.
Senat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) würdigte Kanal als einen Gemeindevorsitzenden, der das jüdische Leben Berlins in seiner fünfjährigen Amtszeit wesentlich geprägt habe. Müller nannte Kanals Amtszeit eine besondere und wichtige Phase. »Es waren die Jahre nach 1992, nach dem Ableben von Heinz Galinski, die Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, Jahre des Übergangs, die auch für das jüdische Leben in Berlin zum Teil tiefgreifende Einschnitte, Entwicklungen und Veränderungen mit sich gebracht haben«, erklärte er am Montag. Der langjährige Weggefährte Heinz Galinskis habe der Gemeinde in diesen Jahre Führung und Richtung gegeben.
»Für unsere Gesellschaft ist er ein Warner und Mahner gewesen«, sagte Berlins Regierender Bürgermeister weiter. Die Bekämpfung von Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Intoleranz sei ihm zentrales Anliegen gewesen. »Das ist sein Vermächtnis, dem sich die Zivilgesellschaft über die Grenzen unserer Stadt hinaus verpflichtet fühlt«, betonte Müller. ja/epd