Heidelberg

»Teil der Familie«

Festakt im Heidelberger Rathaus: Vor 25 Jahren wurde die neue Synagoge eröffnet. Foto: Philipp Rothe

Seit 25 Jahren gibt es in Heidelberg wieder ein repräsentatives jüdisches Gemeindezentrum. Fast 56 Jahre und mehrere Umzüge hatte es gebraucht, bis die Kultusgemeinde 1994 ein dauerhaftes Zuhause fand. Rund 200 Gäste feierten dieses Jubiläum nun am Sonntag mit einem großen Festakt.

Um das Gebäude in der Heidelberger Weststadt ging es dabei eher am Rande – vielmehr stand die Jüdische Gemeinde selbst im Mittelpunkt. Sie ist, darin waren sich alle Festredner einig, seit ihrer Neugründung im Jahr 1945 immer mehr zu einem festen Bestandteil der Stadtgesellschaft geworden. Entsprechend fand die Feier auch nicht im Gemeindezentrum, sondern im Rathaus der Stadt statt. »In unserer guten Stube«, wie Oberbürgermeister Eckart Würzner betonte. »Genau da gehört sie hin.«

Heidelbergs Oberbürgermeister empfing zur Feier »in unserer guten Stube«, wie er betonte. Gemeint war das Rathaus.

zuversicht Schließlich seien die Juden in der Universitätsstadt »Teil unserer Familie«. Der Neubau der Synagoge im Jahr 1994 habe dafür gesorgt, dass dies auch nach außen klar sichtbar wurde. »Sie ist auch ein Mahnmal – ein Mahnmal der Zuversicht.«

Nach innen wurde das Gemeindezentrum für die aktiven Mitglieder immer mehr zum »zweiten Zuhause«, wie es Vadim Galperin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, ausdrückte. Denn neben Gottesdiensten locken Seniorengruppe, Jugendzentrum, Theatergruppe, Chor und gemeinsame Feste die Mitglieder der Gemeinde, aber auch die übrigen Heidelberger in das Gebäude: »Wir sind eine religiöse Gemeinde, aber offen für alle, die unsere Werte teilen.«

Die Jüdische Gemeinde ist zu einem festen Bestandteil der Stadtgesellschaft geworden.

Wie wichtig das jüdische Leben in Heidelberg auch über die Stadtgrenzen hinaus ist, machte Rami Suliman, Mitglied des Direktoriums des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, klar. Dazu trage natürlich die dort ansässige Hochschule für Jüdische Studien ebenso bei wie das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland – genauso wie die etwa 400 Gemeindemitglieder vor Ort: »Deshalb bin ich umso glücklicher, dass wir hier wieder eine funktionierende und wachsende Gemeinde haben.«

ZUKUNFT Der badische Landesrabbiner Moshe Flomenmann wünschte den Heidelbergern, dass sie auch weiterhin Entscheidungen treffen, auf die man in Zukunft stolz zurückblicke: »Die Gemeinde soll in 25 oder 50 Jahren die Samen ernten, die wir heute zusammen gepflanzt haben.«

Landeschef Rami Suliman hob die Wichtigkeit der Gemeinde, der Hochschule und des Zentralarchivs hervor.

Das sei nicht selbstverständlich, schließlich ändere sich das Klima für Juden in Deutschland: »Auch hier passieren Dinge – täglich«, so Flomenmann mit Blick auf den wachsenden Antisemitismus. »Früher war Integration das Hauptthema, jetzt kommen neue Herausforderungen hinzu.«

In Heidelberg wolle man sich jedem Anzeichen von Ausgrenzung und Hass jedoch auch weiter klar entgegenstellen, wie Oberbürgermeister Würzner betonte: »Wir dürfen uns keinesfalls an antisemitische Parolen gewöhnen, wie man sich vielleicht an schlechte Manieren gewöhnt.«

Dass der Großteil der Stadtgesellschaft so denkt, zeigte bei der Feierstunde ein Blick in den Rathaussaal: Neben Mitgliedern der Kultusgemeinde und Vertretern der Stadtverwaltung waren Gemeinderäte aus verschiedenen Fraktionen sowie Vertreter der christlichen Kirchen und der Polizei gekommen.

Lesen Sie einen ausführlichen Bericht über den Festakt in unserer Ausgabe am Donnerstag.

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